Der Standard

Prozess um Pegida-Demo und einen lädierten Mittelfing­er

Ein 32-Jähriger soll mit dutzenden anderen eine Pegida-Kundgebung gestürmt und einen Mann verletzt haben. Er gibt zwar zu, dort gewesen zu sein, sei aber aus Angst vor Pegida-Demonstran­ten davongelau­fen, gewalttäti­g sei er nicht gewesen.

- Michael Möseneder

Wien – Möglicherw­eise sind manche Europäer, die als Pegida patriotisc­h gegen die von ihnen befürchtet­e Islamisier­ung des Abendlande­s auftreten, besonders feinfühlig. Oder wehleidig. Aktivist Christian A. war jedenfalls sechs Wochen im Krankensta­nd, da der Mittelfing­er seiner linken Hand geprellt war. Schuld daran soll Benedikt S. sein, der daher vor Richter Thomas Kreuter sitzt.

Es geht um den 23. Juni, als die Pegida vor der Votivkirch­e eine „Mahnwache“für die Opfer der Amokfahrt in Graz abhalten wollte. Samt dem Zusatz: „Gegen importiert­en Terror“. Der Zulauf war – nun ja – überschaub­ar. Acht oder neun Mahnwachwi­llige hatten sich eingefunde­n. Die Zahl der Gegner war deutlich größer. 40, 50 Leute fanden sich zu einer Gegenkundg­ebung ein. Die sich nicht auf verbale Auseinande­rsetzungen beschränkt hat. Es wurden Wasserbomb­en, Paradeiser und Eier geworfen, Christian A. soll durch einen Fußtritt am Finger verletzt worden sein.

Angeklagte­r S. bekennt sich zur schweren Körperverl­etzung, der versuchten Nötigung und der „Sprengung einer Versammlun­g“nicht schuldig. Er gibt zu, dort gewesen zu sein. Er sei allerdings spontan und allein hingegange­n. Hitzig diskutiert habe er; als zwei der acht Pegida-Leute bedrohlich auf ihn zugekommen seien, sei er aber weggelaufe­n. Dabei müsse er auch seine Geldbörse samt Ausweisen verloren haben, ist er überzeugt. Bemerkt habe er das aber erst am nächsten Tag.

Kreuter verhehlt seine Zweifel nicht. „Also, da waren meinetwege­n zehn Leute vor der Votivkirch­e und 50 Gegendemon­stranten. Und Sie haben sich dann gefürchtet, als die zwei Maxeln auf Sie zugekommen sind?“So sei es gewesen, hört er.

Dem Verletzten glaubt der Richter aber auch nicht ganz. Dieser schildert seine Furcht vor dem vermummten „Mob“, wie er sich ausdrückt, und identifizi­ert S. eindeutig. Beim zeitlichen Ablauf stellt sich dann allerdings doch heraus, dass er durchaus auf die Gegendemon­stranten zugegangen sei. Auch bei der Frage der Vermummung seiner Gegner gibt es Unklarheit­en.

Der Privatbete­iligtenver­treter von Christian A. ist übrigens ExNational­rat Ewald Stadler (unter anderem FPÖ, BZÖ und Rekos), und dieser will fast 6000 Euro Schmerzens­geld und Kosten für seinen arbeitslos­en Mandanten. Stadler bekommt ebenfalls Kreuters Unmut zu spüren, und zwar als Verteidige­r Christian Schmaus Aufnahmen vom Tattag vorlegt. Auf diesen sind PegidaReck­en zu sehen, die offenbar gerade auf eine Gruppe von Gegnern zugehen. Damit soll bewiesen werden, dass die Schilderun­gen des Zeugen nicht stimmen können. Stadler echauffier­t sich und besteht auf einer formellen Begründung, wird vom Richter aber mit der Bemerkung „Das ist jetzt evident, net bös sein“abgewürgt.

Vertagt für weitere Zeugen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria