Prozess um Pegida-Demo und einen lädierten Mittelfinger
Ein 32-Jähriger soll mit dutzenden anderen eine Pegida-Kundgebung gestürmt und einen Mann verletzt haben. Er gibt zwar zu, dort gewesen zu sein, sei aber aus Angst vor Pegida-Demonstranten davongelaufen, gewalttätig sei er nicht gewesen.
Wien – Möglicherweise sind manche Europäer, die als Pegida patriotisch gegen die von ihnen befürchtete Islamisierung des Abendlandes auftreten, besonders feinfühlig. Oder wehleidig. Aktivist Christian A. war jedenfalls sechs Wochen im Krankenstand, da der Mittelfinger seiner linken Hand geprellt war. Schuld daran soll Benedikt S. sein, der daher vor Richter Thomas Kreuter sitzt.
Es geht um den 23. Juni, als die Pegida vor der Votivkirche eine „Mahnwache“für die Opfer der Amokfahrt in Graz abhalten wollte. Samt dem Zusatz: „Gegen importierten Terror“. Der Zulauf war – nun ja – überschaubar. Acht oder neun Mahnwachwillige hatten sich eingefunden. Die Zahl der Gegner war deutlich größer. 40, 50 Leute fanden sich zu einer Gegenkundgebung ein. Die sich nicht auf verbale Auseinandersetzungen beschränkt hat. Es wurden Wasserbomben, Paradeiser und Eier geworfen, Christian A. soll durch einen Fußtritt am Finger verletzt worden sein.
Angeklagter S. bekennt sich zur schweren Körperverletzung, der versuchten Nötigung und der „Sprengung einer Versammlung“nicht schuldig. Er gibt zu, dort gewesen zu sein. Er sei allerdings spontan und allein hingegangen. Hitzig diskutiert habe er; als zwei der acht Pegida-Leute bedrohlich auf ihn zugekommen seien, sei er aber weggelaufen. Dabei müsse er auch seine Geldbörse samt Ausweisen verloren haben, ist er überzeugt. Bemerkt habe er das aber erst am nächsten Tag.
Kreuter verhehlt seine Zweifel nicht. „Also, da waren meinetwegen zehn Leute vor der Votivkirche und 50 Gegendemonstranten. Und Sie haben sich dann gefürchtet, als die zwei Maxeln auf Sie zugekommen sind?“So sei es gewesen, hört er.
Dem Verletzten glaubt der Richter aber auch nicht ganz. Dieser schildert seine Furcht vor dem vermummten „Mob“, wie er sich ausdrückt, und identifiziert S. eindeutig. Beim zeitlichen Ablauf stellt sich dann allerdings doch heraus, dass er durchaus auf die Gegendemonstranten zugegangen sei. Auch bei der Frage der Vermummung seiner Gegner gibt es Unklarheiten.
Der Privatbeteiligtenvertreter von Christian A. ist übrigens ExNationalrat Ewald Stadler (unter anderem FPÖ, BZÖ und Rekos), und dieser will fast 6000 Euro Schmerzensgeld und Kosten für seinen arbeitslosen Mandanten. Stadler bekommt ebenfalls Kreuters Unmut zu spüren, und zwar als Verteidiger Christian Schmaus Aufnahmen vom Tattag vorlegt. Auf diesen sind PegidaRecken zu sehen, die offenbar gerade auf eine Gruppe von Gegnern zugehen. Damit soll bewiesen werden, dass die Schilderungen des Zeugen nicht stimmen können. Stadler echauffiert sich und besteht auf einer formellen Begründung, wird vom Richter aber mit der Bemerkung „Das ist jetzt evident, net bös sein“abgewürgt.
Vertagt für weitere Zeugen.