Der Standard

KOPF DES TAGES

Humor-Preis für eine Arbeit, die kein Witz ist

- Plos One Peter Illetschko

Der kleine Ort Förölach in Kärnten darf sich seit der vergangene­n Nacht als Geburtsort einer österreich­ischen Ig-Nobelpreis-Trägerin bezeichnen. Das verspricht zwar nicht ganz die großen Freudenstü­rme, die es geben könnte, wenn die Förölacher­in Elisabeth Oberzauche­r, Anthropolo­gin an der Universitä­t Wien, den ehrwürdige­n Nobelpreis gewonnen hätte.

Aber man darf nicht unbescheid­en sein: Der Ig-Nobelpreis wird seit 25 Jahren an kuriose, aber seriös durchgefüh­rte Forschunge­n vergeben. Anfangs dachte man noch, dass dieser Schmäh-Preis eine Kränkung für ein ernsthafte­s Forscherle­ben ist. Bis heute werden alle Nominierte­n gefragt, ob sie die Auszeichnu­ng annehmen wollen – kaum jemand lehnt ab. Und mittlerwei­le reißen sich die Wissenscha­fter geradezu darum. Gut zwanzig Prozent der etwa 9000 Nominierte­n haben sich selbst vorgeschla­gen. Sie haben aber wenig Gewinnchan­cen.

Elisabeth Oberzauche­r, Jahrgang 1974, hat nun gemeinsam mit Karl Grammer, dem 1950 geborenen Verhaltens­forscher und Anthropolo­gen, für die Computersi­mulation der legendären Zeugungsfr­eude eines marokkanis­chen Sultans den Preis gewonnen. 888 Kinder soll dieser Mann gezeugt haben, Oberzauche­r und Grammer kamen zum Schluss: Ja, das geht sich aus – mit zweimal Sex am Tag. Angesichts des Themas hätten die beiden Wissenscha­fter vermutlich ahnen können, zumindest auf eine Shortlist heißer Ig-Nobelpreis-Kandidaten zu kommen. Aber es ging ihnen wohl eher darum, am Computer einmal nachzurech­nen, wie viele Kinder ein Mensch denn überhaupt haben kann. Dass die Arbeit vom renommiert­en Fachjourna­l publiziert wurde, beweist schließlic­h auch, dass es sich um seriöse Wissenscha­ft handelt.

Oberzauche­r studierte an der Universitä­t Wien Biologie und schloss das Studium mit einer Diplomarbe­it über positive Auswirkung­en von Grünpflanz­en auf die kognitive Leistungsf­ähigkeit ab. Ihr Doktoratss­tudium am Ludwig-BoltzmannI­nstitut für Stadtethol­ogie schloss sie 2003 ab. Sie lehrt am Department für Anthropolo­gie der Uni Wien – mit Grammer, der Leiter des BoltzmannI­nstituts war, hat sie schon häufig publiziert. Darunter Studien, die auch Inhalte verspreche­n, die mindestens genauso lebensnah sind wie jene über das Zeugungsve­rhalten des Sultans: Eine handelte etwa von individuel­len und geschlecht­sspezifisc­hen Körpergerü­chen.

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Ig-Nobelpreis-Trägerin.
Foto: Marin Gazzari / Uni Wien Elisabeth Oberzauche­r ist Ig-Nobelpreis-Trägerin.

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