Der Standard

Zittern um eine schwarze Hochburg

Der Absturz auf Raten wird sich für die Großpartei­en kommenden Sonntag auch in Oberösterr­eich fortsetzen. ÖVP und SPÖ drohen herbe Verluste. Und über allem steht die Angst vor zu viel Blau am Horizont.

- Markus Rohrhofer

Irgendwie war für die ÖVP noch vor gut einem halben Jahr alles so klar in Oberösterr­eich. Umfragewer­te nahe dem Wahlergebn­is von 2009 (46,8 Prozent), kein echter politische­r Gegner in Sicht. Keiner, der auch nur ansatzweis­e daran dachte, vielleicht doch Landeshaup­tmann von Oberösterr­eich werden zu wollen.

Doch je näher der Wahltag rückte, umso deutlicher wurde klar: Die europaweit­e Asylkrise gepaart mit einer konstanten Unzufriede­nheit mit der großen Koalition auf Bundeseben­e setzt dem schwarzen Siegeszug gehörig zu. Gut eine Woche vor dem Urnengang ist daraus eine echte Zitterpart­ie geworden. Alle Umfragen sehen die ÖVP im freien Fall in Richtung unter vierzig Prozent.

Absolute Schmerzgre­nze

Freilich wäre dieses Ergebnis in Zeiten wie diesen für eine Großpartei immer noch ein respektabl­es. Und doch wäre damit für Josef Pühringer die absolute Schmerzgre­nze überschrit­ten. Fällt der Vierer, wird nämlich eines deutlich: Die alles überlagern­de Wahlkampfb­otschaft „Pühringer. Sepp Pühringer“oder der Slogan „Sepp-verständli­ch“ziehen nicht mehr. Nur wenig kann ein Politurges­tein wie Josef Pühringer noch erschütter­n – ein Verlust an Strahlkraf­t würde aber mit dem ersten Schritt in Richtung Abgang von der Politbühne einhergehe­n.

Auffallend war im Wahlkampf auch Pühringers schwarz-blauer Grenzgang. Just in dem Augenblick, als die Rufe aus dem schwarzen Wirtschaft­sflügel nach einer Zusammenar­beit mir der FPÖ lauter wurden, rückte die ÖVP die Blauen ins Wahlkampfv­isier. Ungewöhnli­ch aggressiv nahm Pühringer FPÖ-Chef Manfred Haimbuchne­r unter Beschuss. Doch während die eine Hand die Blauen klopfte, blieb die andere stets ausgestrec­kt: Eine Zusammenar­beit mit der FPÖ schloss Pühringer dezidiert nie aus, inhaltlich gab es etwa für den Ruf nach Grenzzäune­n Applaus aus der blauen Ecke.

Die Angst vor Schwarz-Blau war – und ist noch knapp eine Woche – vor allem auch das Futter für den grünen Wahlkampf. Spitzenkan­didat Rudi Anschober wurde nicht müde, vor einem „blauen Auge“zu warnen, untermauer­te seine Ängste mit einem schwarz- blauen Kuschelbär­en-Plakat und hatte erwartungs­gemäß mit Schwarz-Grün stets die passende Alternativ­e parat. Mit fast schon penetrante­r Art versuchte Anschober auch Pühringer im laufenden Wahlkampf ein Bekenntnis zu einer Fortsetzun­g der zwölfjähri­gen Zusammenar­beit zu bewegen. Was dieser aber beharrlich verweigert­e. Abseits dieses Duells setzten die Grünen auf eine phasenweis­e freche („Genscheiß“), aber durchaus erwartbare Leistungsb­ilanz. Auch die Situation knapp eine Woche vor der Wahl scheint bekannt: Die Grünen pendeln zwischen neun und zehn Prozent – und müssen wie schon 2003 und 2009 um den Einzug in die Landesregi­erung zittern.

Die oberösterr­eichische SPÖ, die 2009 unter ihrem damaligen Parteiobma­nn Erich Haider noch den Anspruch auf den Landeshaup­tmann stellte, letztlich aber bei der Wahl mit einem Minus von 14 Prozent eine gewaltige Pleite einfuhr, fand auch im Wahlkampf nicht vom Pannenstre­ifen auf die Überholspu­r. Gefangen in einer Mischung aus Resignatio­n und Frustratio­n, stolpern die Genossen einer historisch­en Niederlage entgegen. Erstmals in der Landesgesc­hichte wird die SPÖ wohl den zweiten Platz räumen müssen.

Blaue Chefsache

Und Platz für die FPÖ machen. Mit Umfragewer­ten in Richtung der 30-Prozent-Marke scheint der eigentlich­e Wahlsieger bereits festzusteh­en. Die Zutaten für das blaue Erfolgsrez­ept sind altbekannt, schmecken aber beachtlich­en Teilen des Wahlvolkes immer noch: ausreichen­d Asylkritik, viel Heimatgefü­hl – und insbesonde­re jetzt in Oberösterr­eich entspreche­nd Bundes-Würze. HeinzChris­tian Strache war dauerpräse­nt, und Manfred Haimbuchne­r durfte auch dabei sein. Selbst braune Umtriebe in FPÖ-Nähe, etwa ein Besucher des Wahl- kampfaufta­kts in Wels mit einem T-Shirt mit dem Aufdruck „Vizeweltme­ister 1945“, brachten nur wenig Unruhe ins blaue Lager.

Zittern müssen auch die Neos. In Umfragen bewegen sich die Pinken stets knapp an der VierProzen­t-Hürde, die es für einen Landtagsei­nzug zu nehmen gilt. Ihren ersten Wahlkampf reicherte Judith Raab mit einer gehörigen Portion Aktionismu­s an: mit dem pinken Oldtimer-Motorrad durchs Land, Mobilbaust­ellen für den Straßenwah­lkampf, Hausbesuch­e und heftig, deftige „Ohrfeigen“für die Altparteie­n. Es wird sich zeigen, ob die Oberösterr­eicher zu einem nötigen Vertrauens­vorschuss bereit sind.

Die KPÖ scheitert bei Landtagswa­hlen zwar regelmäßig, am 27. September will sie es mit Leo Furtlehner aber schaffen. Ebenso glaubt Daniel Dragomir von der Christlich­en Partei Österreich­s (CPÖ) nicht nur an Gott, sondern auch fest an einen Landtagssi­tz.

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 ??  ?? Drohender Abstieg auf Platz drei: Reinhold Entholzer (SPÖ).
Drohender Abstieg auf Platz drei: Reinhold Entholzer (SPÖ).
 ??  ?? Würde Schwarz-Grün gern verlängern: Rudi Anschober (Grüne).
Würde Schwarz-Grün gern verlängern: Rudi Anschober (Grüne).
 ??  ?? Vor dem Sprung auf Platz zwei: Manfred Haimbuchne­r (FPÖ).
Vor dem Sprung auf Platz zwei: Manfred Haimbuchne­r (FPÖ).
 ??  ?? Schwierige letzte Wahl: Landeshaup­tmann Josef Pühringer (ÖVP).
Schwierige letzte Wahl: Landeshaup­tmann Josef Pühringer (ÖVP).
 ??  ?? Für christlich­e Werte in der Politik: Daniel Dragomir (CPÖ).
Für christlich­e Werte in der Politik: Daniel Dragomir (CPÖ).
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Die Neue in der Runde: Neos-Landeschef­in Judith Raab.
 ??  ?? Wieder ein Anlauf in den Landtag: Leo Furtlehner (KPÖ).
Wieder ein Anlauf in den Landtag: Leo Furtlehner (KPÖ).

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