Papst in Kuba: Menschen, nicht Ideologien dienen
Nach 1998 und 2012 besucht bereits zum dritten Mal ein Papst das kommunistische Kuba. Bei der Messe auf dem Platz der Revolution forderte Franziskus eine Abkehr von Ideologiehörigkeit. In einem Appell für den Frieden warnte er vor einem „Weltkrieg in Etap
Havanna/Puebla – Vor zehntausenden Gläubigen hat Papst Franziskus in Havanna am Sonntag den Dienst am Nächsten in den Mittelpunkt seiner Messe gestellt. „Wer nicht lebt, um den Nächsten zu dienen, vergeudet sein Leben“, sagte er in einer kurzen, aber einprägsamen Predigt, die er mit dem Rangstreit der Jünger im Matthäusevangelium begonnen hatte.
In einer Anspielung auf die kämpferische Verteidigung des Sozialismus, die Kubas Staatschef Raúl Castro am Vortag bei Franziskus’ Ankunft unternommen hatte, warnte der Papst vor der Verherrlichung von Ideologien und Machtgelüsten. „Man dient Menschen, nicht Ideologien“, schrieb er den seit 56 Jahren auf Kuba regierenden Castro-Brüdern ins Stammbuch. Wie auch schon bei seiner Ankunft am Vortag wirkte der 79-Jährige dabei etwas matt und ermüdet.
Der Papst kritisierte auch die Korruption – ein in Lateinamerika weitverbreitetes Übel. Es gebe viele, die mehr sich selbst dienten als den Nächsten, warnte er.
3500 Würdenträger
In vorderer Reihe saßen Raúl Castro sowie rund 3500 Würdenträger, darunter der brasilianische Befreiungstheologe Frei Betto und die argentinische Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner, eine enge Verbündete der Castros.
Nicht zur Messe kam die Tochter des argentinisch-kubanischen Befreiungskämpfers Ernesto „Che“Guevara – trotz eines entsprechenden Aufrufs der kommunistischen Partei. Das sei heuchlerisch, sagte die Ärztin der Nachrichtenagentur AFP.
Seit den frühen Morgenstunden hatten sich Zehntausende auf dem Platz eingefunden, darunter auch Dissidenten wie die Bloggerin Yoani Sánchez, die live twitterte. Nach Berichten der US-Nachrichtensender NBC und Univision nahm der kubanische Sicherheitsdienst aber auch drei Demonstran- ten fest, die in weißen T-Shirts auf dem Platz vor der Messe Flugblätter verteilten. Im Gegensatz zum Besuch von Johannes Paul II., der als erster Papst 1998 Kuba besucht hatte, hielt sich die Begeisterung der Anwesenden jedoch in Grenzen; kein spontaner Beifall, keine Sprechchöre brandeten auf.
Auf der Fahrt zum Gottesdienst säumten Tausende mit den Flag- gen Kubas und des Vatikans den Weg des offenen Papamobils.
Am Nachmittag wollte sich Franziskus privat mit Staatschef Raúl Castro und eventuell auch mit dessen bettlägerigem Bruder Fidel treffen. Auch Gespräche mit einigen Dissidenten schienen möglich. Dem kritischen kubanischen Nachrichtenportal 14ymedio zufolge wurden Martha Beatriz Roque und die Journalistin Myriam Leyva zu einer Zeremonie in die Kathedrale eingeladen. Beide gelten als gemäßigt und als Befürworterinnen des Dialogs zwischen Kuba und den USA.
Bei seiner Ankunft am Samstag hatte der Papst einen eindringlichen Friedensappell formuliert und vor einem „Dritten Weltkrieg in Etappen“gewarnt. Außerdem hatte er Kuba und die USA zu einer Fortsetzung ihrer Annäherung aufgefordert, bei der der Vatikan als Vermittler eine Schlüsselrolle gespielt hatte.
Von Kuba aus wird der Papst in die USA weiterfliegen, wo er unter anderem vor dem US-Kongress und der UN-Vollversammlung sprechen wird.