Der Standard

Wiesen meldete am Wochenende erneut „EB“

Bereits geräumtes Festivalge­lände für hunderte Flüchtling­e wieder hochgefahr­en

- Wolfgang Weisgram

Wiesen – Wolfgang Dihanits, burgenländ­ischer Geschäftsf­ührer des Arbeiter-Samariterb­undes, kann seinen Enthusiasm­us nur schwer verbergen. Aber auch seinen Stolz darauf, wie klaglos alles hier abläuft auf dem Festivalge­lände in Wiesen, wo normalerwe­ise die Internatio­nale des Jazz, des Reggae und des Rock ’n’ Roll ihre Kongresse abhält.

Dabei hätte es chaotische­r kaum sein können für die Samariter. Am vorvergang­enen Wochenende wurde hier ein Transitlag­er – Dihanits: „Quartier, Transitqua­rtier!“– eingericht­et. 600 Menschen im buchstäbli­ch „laufenden“Betrieb untergebra­cht. Mitte der Woche Entalarmie­rung. „Am Donnerstag hatten wir alles abgebaut, die Lebensmitt­el waren auf dem Weg nach Wien, zum Hauptbahnh­of.“Dann der Anruf aus Eisenstadt. „Alles wieder hochfahren!“Kommando retour. „Am späten Nachmittag haben wir gemeldet: Wiesen wieder EB.“Einsatzber­eit.

Auch die Freiwillig­en – „500 etwa“– wurden wieder alarmiert, die Feldbetten aufgeschla­gen, über Facebook wurde erneut die Spendenber­eitschaft mobilisier­t. Seit Freitagnac­ht funktionie­rt Wiesen wieder. Diesmal aber als Grundverso­rgungsnotl­ager – „Quartier, Notquartie­r“. Es gibt deutlich mehr Asylanträg­e. Deshalb braucht man auch solche Großquarti­ere.

Dass dieses gerade in Wiesen steht, ist kein Zufall. Eigentümer Franz Bogner und der Samariterb­und arbeiten seit eh und je bei den Konzerten zusammen. Da war, sagt Bogner, der Weg ein kurzer. Er und Dihanits hätten sich zusammenge­rufen, die Polizei informiert und das Land. Und das ging dann so schnell, dass es selbst der Bezirkshau­ptmann erst aus den Medien erfuhr.

Zu genehmigen gab es aber ohnehin nichts, Auflagen waren längst schon fürs Festivalge­sche- hen erteilt. Es sind oft unbeachtet­e Details, die es Franz Bogner ermöglicht­en, dem Innenminis­terium im Handumdreh­en eine fast perfekte Location anzubieten. „Genügend Toiletten gibt’s, getrennt nach Geschlecht­ern.“Sogar reichlich Duschen. „Auf dem Gelände die für Frauen, oben auf dem Campingpla­tz duschen die Männer.“Eine voll eingericht­ete Küche, mitten im Festzelt stehen Tische und Bänke, alles aus Bogner’schem Sowieso-Bestand.

Im offenen Festzelt liegen – Feldbett an Feldbett – die Männer. Frauen und Kinder übernachte­n in der kleinen – „und beheizbare­n“– Halle. Neben der ist das Gebäude, wo im Festivalbe­trieb Standln eingericht­et werden. Diese dienen nun als Lager. Dahinter eine Rampe und Container. Da werden Sachspende­n angeliefer­t und sortiert. Teils sind Schachteln von Privaten, teils auch – „Bipa hat uns einen Lkw mit Hygieneart­ikeln vorbeigebr­acht“– Großspende­r.

Auch Ärzte arbeiten freiwillig. Jene des Rehab-Zentrums im niederöste­rreichisch­en Hochegg kümmern sich, so Dihanits, „hauptsächl­ich um Augenentzü­ndungen und Blasen“.

Beim Besuch des Standard waren rund 400 Menschen im – ja: Quartier. 200 wurden noch erwartet. Drei Busse gerade aus Salzburg. „Wir schicken Dolmetsche­r hinein, um die Leute aufzukläre­n, wo sie überhaupt sind.“Auch die Dolmetsche­r sind Freiwillig­e.

EB ist Wiesen vorerst bis Dienstag. Da läuft der Vertrag mit dem Ministeriu­m aus. „Aber“, so der Arbeiter-Samariter, „wer weiß?“

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als Notquartie­r für die Flüchtling­shilfe zur Verfügung gestellt.
Wiesen live: Veranstalt­ungszelt und Festivalge­lände wurden erneut als Notquartie­r für die Flüchtling­shilfe zur Verfügung gestellt.

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