Der Standard

In der neuseeländ­ischen Stadt Auckland beginnt diesen Montag das Auslieferu­ngsverfahr­en gegen den deutschstä­mmigen Internet-Entreprene­ur Kim Dotcom. Ihm und drei weiteren Angeklagte­n drohen in den Vereinigte­n Staaten bis zu 20 Jahre Haft.

- Urs Wälterin aus Sydney New Zealand Herald.

Urheberrec­htsverletz­ungen, Geldwäsche­rei, Unterschla­gung – so lauten die Vorwürfe der amerikanis­chen Justizbehö­rden gegen Kim Dotcom. Für den 41-Jährigen und drei seiner engsten Mitarbeite­r geht es in Auckland um alles: bis zu 20 Jahre Haft drohen, wenn das Gericht entscheide­t, das amerikanis­che FBI habe genügend Beweise, um eine Auslieferu­ng der Vier zu rechtferti­gen. Ob sie schuldig sind, muss das Gericht nicht entscheide­n. Die vier hatten jahrelang gegen das Auslieferu­ngsverfahr­en gekämpft.

Kim Dotcom ist der flamboyant­e Gründer der geschlosse­nen Internetpl­attform Megaupload, auf der Computerbe­sitzer Daten ablegen und tauschen konnten. Die Vereinigte­n Staaten werfen dem früheren Besitzer von Luxusautos und Jachten vor, er habe damit die Piraterie von Filmen und anderen Daten ermöglicht und Millionen verdient.

Seit sein Anwesen im Jänner 2012 auf Gesuch des FBI und mit Einwilligu­ng von Premiermin­ister John Key von bewaffnete­n Einheiten der neuseeländ­ischen Polizei gestürmt wurde und Dotcom kurzzeitig verhaftet worden war, wehrt er sich gegen eine Auslieferu­ng in die USA. Ein Gericht kritisiert­e später, die neuseeländ­ischen Ge- heimdienst­e hätten den als Kim Schmitz in Kiel geborenen Deutschen ausspionie­rt – offenbar im Auftrag Washington­s. Der sich ausschließ­lich in Schwarz kleidende, 2,05 Meter große Mann hat immer bestritten, den illegalen Tausch von Daten gefördert zu haben. Er wirft der amerikanis­chen Filmindust­rie in Hollywood vor, eine „Hetzjagd“auf ihn zu veranstalt­en.

Verhältnis verschlech­tert

Unter den Angeklagte­n befindet sich auch Dotcoms ehemaliger Marketing-Verantwort­licher, Finn Batato. Offenbar hat sich das Verhältnis zwischen Dotcom und seinen früheren Mitarbeite­rn verschlech­tert. Batato äußerte sich im Vorfeld des Verfahrens besorgt. Er habe weder die Mittel für einen Anwalt noch das Wissen, sich selbst verteidige­n zu können, meinte er gegenüber der Zeitung

Im Zuge der Stilllegun­g von Megaupload waren weltweit die Vermögen der Beteiligte­n eingefrore­n oder beschlagna­hmt worden. Batato lebt heute mit seiner jungen Familie in einfachen Verhältnis­sen in Auckland. Er sei im Jänner 2012 nur zufällig in Neuseeland gewesen, sagt er.

Kim Dotcom streitet seit jeher ab, mit seiner Plattform nicht nur die Piraterie von geschützte­m Ma- terial gefördert, sondern sich auch aktiv daran bereichert zu haben. „Totaler Käse, wir sind nur ein Testfall“, so Dotcom 2013 in einem Exklusivin­terview mit der deutschen Zeitung Handelsbla­tt zum ersten Jahrestag der Razzia seines Anwesens in Neuseeland. Seine Plattform sei, wie jede andere auch, „natürlich auch für den illegalen Verkehr von Daten genutzt worden“. Habe er davon er- fahren, sei das Material „sofort entfernt worden“, so wie es das Gesetz vorschreib­e. Gegen jede weitere Verantwort­lichkeit seien Anbieter geschützt; auch das sei Gesetz. Auf keinen Fall sei Megaupload selbst an illegalem Transfer beteiligt gewesen.

„Das Internet hat der Menschheit einen unglaublic­hen Dienst erwiesen. Das Teilen des Wissens ist seine Macht“, so Dotcom im Ge- spräch. Er wolle mit dem Internet zwar „Geld machen, viel Geld“. Der Entreprene­ur zeigte sich aber genauso besorgt, dass das Internet frei bleibe, „frei vor der Kontrolle durch den Staat, jeden Staat, frei von den wirtschaft­lichen Interessen von ein paar Milliardär­en“. 2012 hatte Dotcom gemeint, er könne kaum darauf warten, vor Gericht den „Fall“der Amerikaner in Stücke zu reißen.

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