Notte italiana mit blassen Sternen
Der erste Ausfall von Lewis Hamilton in diesem Jahr macht die Jagd auf den Weltmeister der Formel 1 wieder spannender. Das Nachtrennen in Singapur wird zur Beute von Sebastian Vettel im Ferrari. Nico Rosberg und Mercedes bleiben ohne Podest.
Singapur – Schon in Budapest hatte Ferrari das Saisonziel erreicht, hatte Sebastian Vettel den zweiten Rennsieg nach Malaysia gefeiert. Am Sonntag wurde die Vorgabe von Teamchef Maurizio Arrivabene noch übertroffen – eigentlich wie erwartet. Denn der viermalige Weltmeister sah schon nach dem Training wie der sichere Sieger des Nachtrennens aus, das er zuvor, im Red Bull, schon dreimal gewonnen hatte.
Im Qualifying beendete der 28-Jährige die 60 Rennen andauernde Durststrecke der Scuderia. Mercedes, mit zu wenig Abtrieb für die Geraden im Stadtstaat unterwegs, verpasste die 24. Pole in Serie deutlich. Lewis Hamilton startete aus fünfter, Nico Rosberg aus sechster Position.
Vettel behielt beim Start die Führung vor Daniel Ricciardo im Red Bull und seinem Teamkollegen Kimi Räikkönen. Diese Reihenfolge blieb während des gesamten Rennens mehr oder weniger unverändert. Mercedes büßte seine Podestchance endgültig ein, als bei Hamiltons Boliden ein Teil des Motors streikte. „Das war schon ein charakterbildendes Wochenende für uns“, sollte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff danach sagen.
Letzte Zweifel am 42. Sieg, mit dem er Legende Ayrton Senna überflügelte, räumte Vettel nach der zweiten Safety-Car-Phase aus, die ein auf der Strecke lustwandelnder Zuseher verursacht hatte. Erstmals hatte das Rennen nach einem Crash zwischen Nico Hül- kenberg im Force India und Felipe Massa im Williams neutralisiert werden müssen.
„Forza Ferrari“brüllte Vettel, nachdem es vollbracht war, nachdem er vor Ricciardo, Räikkönen und Rosberg gesiegt hatte. Sechs Rennen vor Schluss liegt der Deutsche nur noch 49 Zähler hinter Hamilton, Rosberg fehlen 41 Punk. Schon am kommenden Sonntag wird in Suzuka, Japan, gerast.
Mehr noch als die Frage, ob Mercedes in den verbleibenden Saisonrennen noch öfter düpiert werden kann, beschäftigt den Zirkus die Motorenfrage über dieses Jahr hinaus. Angesichts der Überlegenheit der Aggregate von Ferrari und Mercedes wird das Entstehen einer Zwei-Klassen-Gesellschaft befürchtet. Kundenteams müssen angeblich 20 Millionen Euro und noch mehr zahlen, um mit den neuesten Motoren der Giganten fahren zu dürfen. Das können sich nur wenige leisten. Finanziell Angeschlagene könnten sich mit älteren Versionen bescheiden und so noch weiter ins Hintertreffen geraten.
Nach derzeitigem Stand operieren im kommenden Jahr neun von elf Rennställen – das USTeam Haas steigt neu ein – mit Power Units von nur zwei Autobauern. Mitgerechnet ist da ein positiver Verlauf der Gespräche zwischen Ferrari und Red Bull, das für sich und Toro Rosso die Motoren der Scuderia wünscht. Hinzu kommt Honda, das weiter McLaren versorgt.
Renault hält sich neben dem völligen Ausstieg noch die Option eines Kaufs des verschuldeten Lotus-Teams offen. Für Lotus wäre das die einzige mögliche Rettung, nachdem der Londoner High Court trotz unbezahlter Rechnungen noch einmal Aufschub bis nach dem GP von Japan gewährte. (red)