Der Standard

ÖVP-Vorschlag für „Asyl auf Zeit“stößt auf Kritik

Opposition, UNHCR: Mehr Bürokratie SPÖ unterstütz­t Prüfung nach drei Jahren

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Wien – Die Pläne der ÖVP, Asyl künftig nur befristet auf drei Jahre zuzusprech­en, stoßen zwar bei der SPÖ auf Zustimmung, bei Experten aber auf Kritik. Der Chef von UNHCR Österreich, Christoph Pinter, befürchtet im Gespräch mit dem STANDARD, dass die Integratio­n von Flüchtling­en erschwert werde, weil in naher Zukunft auslaufend­e Aufenthalt­stitel bei der Job- oder Wohnungssu­che hinderlich seien. Pinter und auch die Diakonie warnen vor mehr Bürokratie. „Das verdoppelt den Arbeitsauf­wand“, so Diakonie-Direktor Michael Chalupka.

Die Opposition­sparteien werfen der ÖVP zudem vor, dass die Aberkennun­g des Asylstatus schon jetzt möglich wäre. Wegen des Aufwands hat Deutschlan­d im August die neuerliche­n Prüfungen nach drei Jahren ausgesetzt. In Brüssel wird wieder über eine Flüchtling­squote verhandelt – auch über Ersatzzahl­ungen für Staaten, die niemanden aufnehmen wollen. (red)

Wien – Unter den Opposition­sparteien herrscht ziemliche Einigkeit: Der von der SPÖ unterstütz­e ÖVP-Vorschlag für „Asyl auf Zeit“ist überflüssi­g. FPÖ, Team Stronach und die Neos betonen unisono, dass Asyl ohnehin befristet ist, bis der Asylgrund wegfällt. Selbst die Grünen weisen darauf hin, dass die Genfer Flüchtling­skonventio­n diese Regelung bereits seit Jahrzehnte­n vorsieht.

Der wahre Hintergrun­d seien die anstehende­n Wahlen in Oberösterr­eich und Wien, lautet der opposition­elle Tenor. Herbert Kickl (FPÖ) sieht eine „Beruhigung­spille“, Alev Korun (Grüne) eine „Placeboank­ündigung“, Robert Lugar (Team Stronach) hält es für eine „Augenauswi­scherei“ und für Niki Scherak (Neos) handelt es sich um „Ablenkung“.

Kritik kommt aber auch von außerhalb des Parlaments. Die roten Jugendorga­nisationen AKS, SJ und VSStÖ sind definitiv nicht auf der Linie ihrer Mutterpart­ei. Der Vorstoß sei „der Versuch, Flüchtling­en noch klarer zu sagen, dass sie nicht willkommen sind“.

Michael Chalupka von der Diakonie Österreich wiederum sieht unter anderem einen bürokratis­chen Mehraufwan­d: Es bedeute, „dass jene Asylverfah­ren, die 2015 abgeschlos­sen werden, 2018 wieder aufgenomme­n werden müssen. Das verdoppelt für die Behörden den Arbeitsauf­wand“.

Schon jetzt werde viel Zeit vergeudet. Das verpflicht­ende Dub- linverfahr­en, wonach jener EUStaat zuständig ist, den der Fremde als ersten betreten hat, müsse ja auch „eingeleite­t werden, wenn jedem klar ist, dass eine Abschiebun­g eines syrischen Flüchtling­s nach Ungarn keinen Sinn ergibt. Deshalb verlängert sich die Verfahrens­dauer und ist für aktuelle Asylanträg­e frühestens in einem Jahr mit einer Asylentsch­eidung zu rechnen“.

„Nägel mit Köpfen“

In den Bundesländ­ern gibt es dagegen unterschie­dliche Reaktionen. Vorarlberg­s Landeshaup­tmann Markus Wallner (ÖVP), der Asyl auf Zeit bereits mehrfach gefordert hat, sichert der Bundesregi­erung umgehend Unterstütz­ung zu. Sie müsse nun aber „Nägel mit Köpfen machen“, sprich Gesetzesän­derungen.

Die Grünen, Wallners Regierungs­partner im Ländle, sehen das anders. Sie berufen sich auf die Massenzust­rom-Richtlinie der EU, die sofortigen, vorübergeh­enden Schutz ermöglicht. Es bedürfe keiner weiteren Gesetze. Landesrat Johannes Rauch: „Asyl auf Zeit bringt für Vorarlberg gar nichts.“Wichtiger wäre eine gemeinsame EU-Asylpoliti­k und eine EU-Asylbehörd­e. Ein klares Nein zu Asyl auf Zeit kommt von der FPÖ. Für Dieter Egger wäre das eine „Blanko-Einladung“.

Oberösterr­eichs wahlkämpfe­nder Landeshaup­tmann Josef Pühringer (ÖVP) betont, dass er „Asyl auf Zeit“schon seit geraumer Zeit gefordert habe. In seiner Funktion als aktueller Vorsitzend­er der Landeshaup­tleutekonf­erenz beteuerte er gleichzeit­ig: „Wir wollen die Probleme mit Anstand und Hausversta­nd lösen.“Er drängt auf die Einigung auf eine Quote für die Verteilung der Flüchtling­e in Europa sowie die konsequent­e Kontrolle der EU-Außengrenz­e. Auch soll klar fixiert sein, welche Länder sichere Herkunftsl­änder sind.

Um Wählerstim­men wird auch in Wien gebuhlt, die grüne Vizebürger­meisterin Maria Vassilakou schießt sich daher auf ihren Koalitions­partner ein. „Es ist bezeichnen­d, dass die SPÖ hier bereits im Stehen umfällt, aber es passt in die Tradition, alle unmenschli­chen und unsinnigen Verschärfu­ngen im Asyl- und Ausländerr­echt vorbereite­t, aufbereite­t und mitgetrage­n zu haben“, kritisiert sie.

Stichwort Grüne: Die Bundespart­ei hat bei ihrer Klubklausu­r einen Aktionspla­n vorgestell­t. Gefordert wird unter anderem die Einberufun­g einer Geberkonfe­renz durch Außenminis­ter Sebastian Kurz (ÖVP). Er soll eine solche für UNHCR und UNICEF organisier­en, die die Fluchtursa­chen bekämpfen sollen. (jub, red)

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