VW auf Schleuderkurs
Wegen Dieselaffäre droht Milliardenstrafe
Wolfsburg – Die Affäre um Abgasmanipulationen in den USA setzt Volkswagen-Chef Martin Winterkorn massiv unter Druck. Aus Sorge über drohende Strafzahlungen in Milliardenhöhe trennten sich Anleger in Scharen von dem VW-Papier. Mit dem größten Kurssturz seit 21 Jahren verlor der Autokonzern am Montag rund 17 Milliarden Euro an Börsenwert. Das Präsidium des VW-Aufsichtsrats kommt am Mittwoch informierten Kreisen zufolge zu einer Krisensitzung zusammen.
VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh machte sich gegen eine Vorverurteilung von Winterkorn stark. Der Verkehrsclub Deutschland geht davon aus, dass der VW-Skandal nur die „Spitze des Eisbergs“sei und die Abgaswerte bei vielen Tests niedriger seien als im realen Verkehr. (red)
Wolfsburg – Die Affäre um getürkte Abgaswerte bei Dieselautos in den USA führte die VW-Aktie am Montag in den Keller: Anleger haben scharenweise VW-Papiere auf den Markt geworfen, die Aktie brach in der Spitze um gut zwanzig Prozent auf 126 Euro ein. Das entspricht einem Verlust an Börsenwert um geschätzte 17 Milliarden Euro.
Volkswagen hat, wie berichtet, unter Druck der US-Umweltbehörde EPA massive Abgasmanipulationen in den USA zugegeben. Die Verstöße könnten dem Wolfsburger Autobauer eine Strafe einbringen, die von der EPA auf bis zu 18 Milliarden Dollar (15,76 Mrd. Euro) taxiert wird. VW-Chef Martin Winterkorn, ein Techniker, der eben erst ein Match gegen VW-Langzeit-Vorstands- und Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch für sich entschieden hatte, entschuldigte sich für den Verstoß und kündigte eine externe Untersuchung an. Er bedauere zutiefst, dass VW das Vertrauen von Kunden und der Öffentlichkeit enttäuscht habe.
Die EPA verdächtigt VW, bei zahlreichen Dieselfahrzeugen die Abgasvorschriften mithilfe einer speziellen Software, also vorsätzlich, umgangen zu haben. Es geht um fast eine halbe Million Autos. Da VW mit den US-Behörden kooperiert, dürfte die Strafe nicht so drastisch ausfallen, meint Autoexperte Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach unter Hinweis auf General Motors, die sich mit 900 Millionen Dollar aus der Zündschlossaffäre freigekauft hat.
Dass BMW und Daimler von diesem Thema absolut nicht betroffen sind, wie sie am Montag betonten, halten Umweltorganisationen wie der Verkehrsclub Deutschland für unwahrscheinlich. Das sei nur „die Spitze des Eisbergs“. Sie kritisieren Angaben über Schadstoffemissionen und Art der Messung seit Jahren. Die Grenzwerte für (Stickoxid) sind in den USA viel niedriger als in Europa. Während in der EU gemäß Euro-6-Norm maximal 80 Milligramm pro Kilometer erlaubt sind, sieht die vergleichbare US-Norm 70 Milligramm pro Meile, also etwa 1,6 Kilometer vor. Vorabmessungen wie in Europa gibt es in den USA nicht, die Hersteller müssen sich selbst zertifizieren.
Für Gesprächsstoff in der VWFührung ist somit gesorgt. Das mächtige Präsidium des VW-Aufsichtsrats kommt am Mittwoch zu einer Krisensitzung zusammen. Dem Gremium gehören Aufsichtsratschef Berthold Huber, Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh und VWAufsichtsrat Wolfgang Porsche an. Politiker von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) abwärts echauffierten sich am Montag und forderten Aufklärung.
Der auf diesem Gebiet führende Zulieferer Bosch sieht grundsätzlich die Autobauer in der Pflicht. Bosch liefere Komponenten an verschiedene Hersteller, erklärte ein Firmensprecher. „Die Integration ist Sache des Herstellers.“Von Umprogrammierungen habe Bosch keine Kenntnis. (Reuters, dpa, ung)