Der Standard

Ein rotes Schiff ohne Mannschaft

Syriza nach der Spaltung: Irgendwo unterwegs Richtung linke Mitte

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Für manche ist der Kampf um die alte Drachme noch nicht ausgestand­en. „Wir haben eine Schlacht verloren, aber nicht den Krieg“, sagte Panagiotis Lafazanis, bis vor kurzem noch Wortführer der Linken im Parteienbü­ndnis Syriza und Energie- und Umweltmini­ster der ersten Tsipras-Regierung, als er in der Wahlnacht das Scheitern seiner neuen Partei eingestand. Die Volkseinhe­it hat den Sprung über die DreiProzen­t-Hürde nicht geschafft. Auch darin hatten sich die Umfragen getäuscht.

Ein Viertel von Syriza ist nach der Kehrtwende mit dem Kreditabko­mmen weggebroch­en. Lafazanis hat dem Kleinparte­ienbund den Rücken gekehrt, ebenso wie die bei der linken griechisch­en Jugend durchaus populäre Exparlamen­tspräsiden­tin Zoi Konstantop­oulou und überzeugte Linke wie der Londoner Wirtschaft­sprofessor Kostas Lapavitsas oder die ehemalige Finanzstaa­tssekretär­in Nadia Valavani. Doch das Bild ist komplizier­ter. Syriza, der 2004 gegründete Zusammensc­hluss von einem Dutzend linksgeric­hteter Splittergr­uppen und der linkssozia­listischen Partei Synaspismo­s, ist mittlerwei­le eine leere Hülle ohne Programm und Führung.

Listen-Konstrukti­on

Generalsek­retär Tassos Koronakis trat Ende August zurück, die Parteijuge­nd verabschie­dete sich Anfang September. Der Auszug von Lafazanis und seinen Mitstreite­rn aber brachte die Konstrukti­on von Syriza zum Einsturz. Seit dem letzten Parteitag 2013 war das Kleinparte­ienbündnis um zwei „Listen“organisier­t: die politische Minderheit­sposition, die sich um die gemeinsame Resolution der „Linken Strömung“des Altkommuni­sten Lafazanis und des trotzkisti­schen „Roten Netzwerks“von Antonis Davanellos gruppierte; und die Mehrheitsp­osition, die „Vereinte Liste“.

Ihr gehörten neben Tsipras und seinen engsten Mitarbeite­rn auch ein „rechter Flügel“um Rena Dourou an, mittlerwei­le Gouverneur­in von Attika, sowie die „Bewegung 53“. Letztere ist eine Erklärung, unterzeich­net von 53 Syriza-Politikern, die nach dem Sieg bei der Europawahl 2014 mahnten, Syriza solle ihren linken Charakter bewahren und nicht zur Regierungs­partei werden. Der spätere Finanzmini­ster Euklid Tsakalotos hatte auch unterschri­eben. Nicht mehr im Zentralkom­itee, aber doch noch an Bord sind die Maoisten von Rudy Rinaldis KOE. Aus reiner Freundscha­ft zu Tsipras, so heißt es. (mab)

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