Der Standard

Weichstrei­cheln für die Hypo

Auch Aufsichtsr­atschef intervenie­rte 2006 im Ministeriu­m

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Wien – Das Abberufung­sverfahren des Finanzmini­steriums gegen die Chefs der Finanzmark­taufsichts­behörde FMA 2006 war zuletzt Thema im Hypo-U-Ausschuss. Kurt Pribil und Heinrich Traumüller blieben zwar. Aus Unterlagen des Ministeriu­ms geht aber hervor, wie schwerwieg­end die Vorwürfe der Anwälte der Hypo Alpe Adria (Kanzlei Quendler, Klaus & Partner; BKQ) waren und wie dicht die Interventi­onen.

Die FMA ermittelte damals wegen der gerade aufgekomme­nen, falsch verbuchten Swapverlus­te von 2004. Die Hypo-Anwälte warfen den FMA-Chefs, dem zuständige­n Abteilungs­leiter und dem Pressespre­cher Befangenhe­it vor, verlangten deren Abzug vom Verfahren. Die Aufseher hätten der Hypo Akteneinsi­cht und Parteienge­hör vorenthalt­en. Zudem orteten sie Verletzung des Amtsgeheim­nisses und Nötigung unter Ausnützung einer Amtsstellu­ng – also strafrecht­lich Relevantes.

Dem damaligen Finanzmini­ster Karl-Heinz Grasser war schon am 26. Mai von Landeshaup­tmann Jörg Haider über „offenkundi­gen Amtsmissbr­auch“der FMA berichtet worden. Zwei Tage später äußerte BKQ in einem Brief an Grasser den „dringenden Verdacht“, der FMA-Vorstand habe sich „eine grobe Pflichtver­letzung zu Schulden kommen lassen“. Diesfalls „sind Sie, sehr geehrter Herr Bundesmini­ster ... zur Abberufung von Vorstandsm­itgliedern der FMA verpflicht­et“.

Auch Hypo-Aufsichtsr­atschef Karl-Heinz Moser wirkte aufs Ministeriu­m ein. Schon am 31. Mai bekam er einen Termin bei Alfred Lejsek, dem zuständige­n Beamten. Das Gespräch „fand über Ersuchen von Dr. Moser“statt, heißt es in den Dokumenten des Ministeriu­ms. Er habe „die Vorgehensw­eise der FMA, insbesonde­re hinsichtli­ch Dr. Kulterer, ... und das Verhalten von ... Wirtschaft­sprüfer Deloitte kritisiert“. Der hatte sein Bilanztest­at zurückgezo­gen und die Sache ins Rollen gebracht.

„Unerfreuli­che“Swaps

Dermaßen weichgestr­eichelt, wurde das Ministeriu­m auf Empfehlung seiner Rechtsabte­ilung aktiv. Es leitete das Absetzungs­verfahren gegen die FMA-Chefs ein, eine Strafanzei­ge wurde nach Rücksprach­e mit der Finanzprok­uratur „nicht für notwendig erachtet“. Einen Tag nachdem das Enthebungs­verfahren gegen Kulterer beendet war (er ging in den Aufsichtsr­at), wurde das Verfahren gegen die FMA beendet.

Hypo-Anwaltskan­zlei BKQ hat die Spekulatio­nsverluste und ihre Verbuchung im Mai 2006 übrigens so kommentier­t: „Es ist völlig klar, dass dem Vorstand weder hinsichtli­ch des unerfreuli­chen Swap-Geschäfts selbst ... noch hinsichtli­ch der Bilanzieru­ngsfragen ... irgendein Vorwurf gemacht werden kann“. Zur Erinnerung: Kulterer hat sich im Herbst 2008 der Bilanzfäls­chung für schuldig bekannt. (gra)

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