Österreich blieb heuer Beitrag für Syrien-Hilfe schuldig
UN streckte 650.000 Euro vor – EU-Beschluss zu Verteilung
Wien/Brüssel – Da die Regierung mindestens 650.000 Euro bisher nicht gezahlt hat, musste die UNAgentur World Food Programme (WFP) diesen Betrag vorstrecken. Der Großteil davon, 400.000 Euro, war für die Versorgung von syrischen Flüchtlingen vorgesehen. Das geht aus einem internen Papier hervor, das dem Standard vorliegt. Im Außenministerium bestätigt man auf Anfrage, die Zahlung bisher nicht geleistet zu haben.
Beim Treffen der EU-Innenminister gab es einen Mehrheitsbeschluss zur Verteilung von 120.000 Menschen. Tschechien, die Slowakei, Ungarn und Rumä- nien hatten sich bis zuletzt dagegen gesperrt. Das Flüchtlingsproblem lässt auch die Lage zwischen Serbien und Kroatien, das die Grenzen zum Nachbarn seit Tagen geschlossen hält, eskalieren. Der serbische Premier rief die EU um Hilfe an. (red)
Als die ungarische Regierung Serbien im Sommer per Gesetz zu einem sicheren Drittland erklärte, war der Aufschrei bei NGOs und Flüchtlingsorganisationen groß. Mit dem Status will Budapest sicherstellen, dass keine Flüchtlinge mehr über Serbien einreisen. Wer es dennoch tut und Asyl in Ungarn beantragt, muss wieder zurück, egal ob er nun aus Syrien oder dem Irak kommt. Die Asylwerber hätten ja schon um Schutz in Serbien ansuchen können, argumentieren die Ungarn.
Die EU-Innenminister erwägen derzeit, in die Fußstapfen Ungarns zu treten. Konkret haben sie eine Initiative gestartet, um das Konzept der sicheren Drittstaaten außerhalb der EU wiederzubeleben. Zur Ausgangslage: Die EU-Kommission hatte Anfang September vorgeschlagen, eine einheitliche Liste mit sicheren Herkunftsländern zu erstellen. Menschen aus diesen Staaten können zwar weiterhin Asyl in der EU beantragen, de facto haben sie aber kaum Chancen, damit durchzukommen. In der Regel kann das Verfahren beschleunigt durchgeführt werden. Ein Antragsteller müsste schon sehr konkret belegen, dass er in seinem Heimatland verfolgt wird. Die EU-Kommission wollte alle Staaten des Westbalkans, also etwa Serbien, Kosovo, Albanien, Montenegro, plus die Türkei als sicher einstufen.
Die EU-Innenminister haben diesen Vorschlag bereits aufgegriffen und sich auf die Liste – mit Ausnahme der Türkei – geeinigt. Doch die Minister wollen einen Schritt weitergehen. Auch Menschen, die nur über eines der sicheren Länder einreisen, sollen kein Asyl mehr bekommen, also mit beschleunigten Verfahren abgeschoben werden. So steht es in einer Erklärung der Innenminister aus der vergangenen Woche.
Der Text ist rechtlich nicht verbindlich und im Augenblick nur eine Absichtserklärung. Er gibt aber Aufschluss darüber, wie Europa auf die Flüchtlingskrise auf längere Sicht reagieren will.
Eine EU-Richtlinie erlaubt bereits derzeit jedem einzelnen Unionsland, das Konzept der si- cheren Drittstaaten anzuwenden. In der Praxis wird diese Regelung aber so gut wie nicht genutzt. In nur acht EU-Ländern, darunter Österreich, die Niederlande und Großbritannien, gibt es überhaupt die gesetzliche Möglichkeit, ein sicheres Transitland auszurufen. Konkret getan hat das nur Ungarn.
„Sprechblase“
Die EU-Innenminister halten zwar ausdrücklich fest, dass Rückschiebungen nur stattfinden dürfen, wenn die Länder auf dem Westbalkan zusätzliche Unterstützung, etwa Hilfsgelder, bekommen. Auch die menschenrechtlichen Standards müssen eingehalten werden. Der Chef von Amnesty Österreich, Heinz Patzelt, kritisiert die Stoßrichtung dennoch. Die Gefahr sei hoch, dass das Gerede über den Menschenrechtsschutz in den Transit- ländern „nur eine Sprechblase“ist, sagt Patzelt. Selbst in EU-Länder wie Griechenland dürften wegen der schlechten Versorgung von Flüchtlingen vor Ort aktuell keine Menschen zurückgeschoben werden. Ärmere Länder wie Serbien oder Mazedonien seien bei einem großen Andrang von Asylwerbern erst recht überfordert „und können eine menschenwürdige Unterbringung nicht gewährleisten“.
Bei der Uno-Flüchtlingsorganisation UNHCR ist man ebenfalls zurückhaltend: Nur unter bestimmten Voraussetzungen dürfte das Konzept der sicheren Drittstaaten belebt werden. So müsse nicht nur sichergestellt sein, dass Menschen ordentlich versorgt werden. Eine Abschiebung in ein Drittland sollte nur möglich sein, wenn der Asylwerber eine Beziehung zu dem Staat hat oder über Bindungen dort (Familie, Freunde) verfügt.
Anfang Oktober wollen die EUInnenminister zunächst den juristischen Text fertig ausarbeiten, der die Einrichtung der sicheren Herkunftsländer vorsieht. Dann müsste die EU Rückübernahmeabkommen mit den Balkanländern aushandeln – ohne Vereinbarungen werden Serbien und andere Staaten niemanden zurücknehmen. Schnell dürfte es also keine Durchbrüche geben.
Weiter um eine Einigung gerungen wurde am Dienstag in Brüssel indes bei einem Krisentreffen der EU-Innenminister. Dabei ging es um die Quotenregelung für die Verteilung von 160.000 Asylwerbern aus Italien und Griechenland. Die Verteilung von 120.000 Flüchtlingen wurde per Mehrheitsbeschluss am späten Nachmittag vereinbart.