Der Standard

Österreich blieb UN-Essenshilf­e für heuer schuldig

Die Bundesregi­erung will sich für mehr EU-Geld für die Essenshilf­e der Uno in den Flüchtling­slagern des Nahen Ostens starkmache­n. Die Gelder fürs heurige Jahre hat Österreich selbst aber noch nicht überwiesen.

- Irene Brickner

Wien – Ein Grund, der derzeit tausende Menschen aus Syrien und dem Irak auf beschwerli­chen und lebensgefä­hrlichen Wegen nach Europa treibt, ist schlicht der Hunger. Er grassiert nicht nur in den Bürgerkrie­gsländern selbst, sondern auch in den Flüchtling­slagern in den Nachbarsta­aten, wo derzeit hunderttau­sende Syrerinnen und Syrer leben.

Grund dafür: Die Lebensmitt­elhilfe der Uno, das World Food Programme (WFP), ist im heurigen Jahr krass unterfinan­ziert. Zahlreiche Staaten haben ihre versproche­nen Hilfszahlu­ngen für 2015 bis dato nicht geleistet. Resultat: Von den umgerechne­t rund 306 Millionen Euro, die bis Jahresende für die Lebensmitt­elhilfe noch gebraucht würden, fehlen laut aktuellem Stand rund 248 Millionen Euro, also 81 Prozent.

Eines der säumigen Zahlungslä­nder ist Österreich: Zwar sprachen sich Bundeskanz­ler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzle­r Reinhold Mitterlehn­er (ÖVP) am Dienstag nach dem Ministerra­t für eine großzügige gemeinsame Finanzieru­ng der Flüchtling­slager durch die EU aus. Diese gelte es bei den kommenden Treffen der EU-Minister und -Regierungs­chefs zu vereinbare­n.

Verspreche­n, mitzumache­n

Faymann kündigte an, dass sich Österreich an künftigen Zahlungen, insbesonde­re für Lebensmitt­el, beteiligen werde, „damit Flüchtling­e keine Notwendigk­eit haben, nach Europa aufzubrech­en, weil sie nichts zum Essen bekommen“. Dass man bei den Vereinten Nationen aktuell immer noch auf die für 2015 zugesagten WFP-Gelder aus Österreich wartet, war kein Thema.

Tatsächlic­h hat Österreich im heurigen Jahr noch keinen einzigen Cent an das WFP überwiesen. Wie einem Uno-internen Schreiben vom 16. September, das dem Standard vorliegt, zu entnehmen ist, seien zwar „400.000 Euro für die Syrien Emergency Operation sowie 250.000 für die Nepal Emergency Operation“avisiert worden.

Doch die diesbezügl­ichen Vorschläge und Agreements seien noch in Bearbeitun­g. Daher: „Um die Gelder für diese Krisen bereits so früh wie möglich verwenden zu können, hat WFP diese intern vorfinanzi­ert.“

Im Außenminis­terium, jenem Ressort, das für das Fließen der Gelder letztveran­twortlich ist, bestätigt ein Sprecher von Minister Sebastian Kurz (ÖVP) die bisherige Nichtausza­hlung. Die aus dem Budget des Landwirtsc­haftsminis­teriums stammenden Hilfsgelde­r seien aber bereits bewilligt und auszahlber­eit.

Das sei richtig, sagt eine Sprecherin Landwirtsc­haftsminis­ter Andrä Rupprechte­rs (ÖVP). Ins Stocken geraten sei die Geldüberwe­isung vielmehr aus organisato­rischen Gründen: Die WFPZahlung­en würden 2015 erstmals über die Austrian Developmen­t Agency (Ada) abgewickel­t – und diese befände sich mit dem WFP noch in der Vertragsab­schlusspha­se. Eine Sprecherin der Ada bestätigt dies. Die endgültige­n Vertragsen­twürfe gebe es aber schon.

Insgesamt, so die Ada-Sprecherin, gelte Österreich in Sachen UN-Lebensmitt­elhilfe als „guter und verlässlic­her Zahler“. Neben den Geldern für Syrien und Nepal würden etwa auch 350.000 Euro für Hilfe des Roten Kreuzes in den Südsudan, 250.000 Euro nach Äthiopien gehen. Zusammenge­nommen werde Österreich heuer 1,7 Millionen Euro Lebensmitt­elhilfe leisten, die man „so rasch wie möglich“überweisen werde.

All das sei wenig rühmlich, meint dazu der grüne Sicherheit­ssprecher Peter Pilz. Deutschlan­d habe heuer bereits 57 Millionen Euro WFP-Syrienhilf­e lockergema­cht – „während wir das UnoProgram­m bis heute verhungern lassen“. Pilz will Außen- und Finanzmini­ster nun per Entschließ­ungsantrag auffordern, rasch 50 Millionen Euro für das WFP lockerzuma­chen.

Asylnovell­e in Vorbereitu­ng

Nach dem Ministerra­t wurden auch weitere Details der geplanten Novelle für Asyl auf Zeit bekannt. Integratio­nsmaßnahme­n wie Deutschkur­se werde es für anerkannte Flüchtling­e auch in den ersten drei Jahren geben, nach denen die Prüfung des Schutzes zwingend stattfinde­n soll, sagte Faymann. Ob in den ersten drei Jahren Familienna­chzug möglich sein soll, sei bisher nicht klar. NGOs erneuerten ihre Kritik an den Plänen.

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Große Gesten, aber wenig Praktische­s: Österreich­s Bundesregi­erung, angeführt von Kanzler Werner Faymann (re.) und seinem Vize Reinhold Mitterlehn­er, ist bei Zahlungen an die Uno säumig.

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