Über persönliche Anfeindungen, gute Kontakte zum „Herrn Landeshauptmann“, eine nötige Distanz zu blauen Reimen und die Probleme mit dem rechten Rand.
Manfred Haimbuchner
INTERVIEW: Standard: Im laufenden Wahlkampf in Oberösterreich warnen alle Parteien vor der FPÖ – hat man da alles richtig gemacht, wenn die Angst vor Blau so groß ist? Haimbuchner: Die Angst ist nicht vor der Politik der FPÖ groß, sondern davor, Macht einzubüßen. Man warnt jetzt hysterisch vor uns – aber in Wahrheit haben wir vor den Verhältnissen, die sich jetzt in Europa abspielen, schon Jahrzehnte gewarnt. Es war die Kluft zwischen der öffentlichen Meinung und veröffentlichten Meinung noch nie so groß wie jetzt. Und ich spreche halt einen großen Teil der öffentlichen Meinung aus – was vielen unangenehm ist.
Standard: Trotzdem steht man als FPÖ-Politiker oft im Negativeck – das kann doch auf Dauer kein gutes Gefühl sein, oder? Haimbuchner: Ich bin diese Anfeindungen wirklich gewöhnt. Und vor allem die Intoleranz aus manchen Kreisen. Ich komme aus einem sehr politischen Haushalt, mein Vater war 24 Jahre lang FPÖ-Bürgermeister. Ich habe mich daher schon in der Schule für meine politische Einstellung rechtfertigen müssen. Ganz ehrlich, Hand aufs Herz: Angenehm ist etwas anderes. Aber ich habe, abseits von meinem politischen Leben, sehr viele private Kontakte – dort werde ich immer sehr höflich und respektvoll aufgenommen. Das gibt wieder Kraft.
Wir sind nicht alle in einer Talkshow für Intellektuelle. Es geht darum, grundsätzliche Botschaften anzubringen.
Standard: Wobei Sie ja auch nicht immer zimperlich mit politischen Mitbewerbern umgehen, oder? Haimbuchner: Ich habe in diesem Wahlkampf niemanden beschimpft. Ich war vielleicht pointierter in meinen Aussagen – aber ich habe niemanden beleidigt. Außerdem habe ich in den vergangenen sechs Jahren sehr gut mit allen Parteien zusammengearbeitet. Vor allem mit dem Herrn Landeshauptmann, mit der Volkspartei generell, und ich habe sehr gute Kontakte zu ÖVP-Wirtschaftskreisen ...
Standard: ... beste Voraussetzung also für eine schwarzblaue Koalition. Haimbuchner: Nicht zwingend. Ich habe ja auch sehr gute Kontakte zur Sozialdemokratie.
Standard: Vor allem innerhalb der Industriellenvereinigung werden die Stimmen für Schwarz-Blau laut. Ist eine Koalition mit der ÖVP für Sie vorstellbar? Haimbuchner: In Oberösterreich muss angesichts einer Konzentrationsregierung überhaupt keine Koalition stattfinden, es wäre auch das freie Spiel der Kräfte möglich. Und bin nicht einer, der sich anbiedert. Aber ganz klar: Ich habe in vielen Teilbereichen in den vergangenen Jahren mit der ÖVP gut zusammengearbeitet. Und es gibt in der ÖVP viele, die sagen: „Wenn man mit einem Manfred Haimbuchner nicht reden kann, mit wem kann man dann reden in der FPÖ.“
Standard: Sie werden in Oberösterreich seit Wochen in Umfragen als Wahlsieger gehandelt. Ist so etwas Ansporn oder eher Gefahr, weil die eigenen Leute vielleicht nicht mehr laufen? Haimbuchner: Natürlich ist zu viel Selbstsicherheit auch eine Gefahr. Vor allem, weil der politische Mitbewerber dazugelernt hat: Früher hat man die FPÖ runtergeschrieben – heute schreibt man die FPÖ hinauf. Man gibt ihr Ziele in Meinungsumfragen vor, die dann schwer zu erreichen sind. Und wenn es dann am Wahlabend fünf statt 15 Prozent plus geworden sind, ist man der Wahlverlierer.
Standard: Im Bereich der Zuwanderung war „Grenzen dicht“eine lange FPÖ-Forderung. Jetzt zeigt sich aber klar, das kein Grenzzaun verängstigte Menschen auf der Flucht stoppen kann – hat sich die blaue Meinung geändert? Haimbuchner: Nein. Aber eine einfache Lösung gibt es nicht. Aber nichts zu tun ist schon gar keine Lösung – und die EU hat überhaupt nichts getan. Grenzkontrollen sind ein klares Zeichen, um zu sagen: „Es ist nicht mehr so einfach, durch Europa durchzumarschieren.“Viele Leute, die jetzt zu uns wollen, kommen bitte aus der Sicherheit. Die kommen nicht alle direkt aus Syrien.
Standard: Etwa in der Türkei gibt es doch derzeit keine Sicherheit für Syrer, oder? Haimbuchner: Die Menschen kommen nicht alle aus den Grenzregionen. Bei aller Tragik darf man die Vernunft nicht ausblenden. Ich bin Politiker und nicht NGO-Mitarbeiter. Wir brauchen eine militärische Sicherheit und Erstaufnahmezentren an den EUAußengrenzen.
Standard: Müsste nicht jetzt die Menschlichkeit über allem stehen? Haimbuchner: Es geht immer um die Menschlichkeit. Das ist doch ein moralisches Totschlagargument. Natürlich müssen die Leute medizinisch versorgt werden, dürfen nicht hungern. Aber denken wir doch bitte endlich einmal zehn Schritte weiter. Als Politiker muss ich mir doch Gedanken machen, wie so etwas weitergeht: Wo werden die Leute arbeiten, wo gehen die Kinder in die Schule. Und vor allem: Wann beginnt unsere Gesellschaft zu kippen?
Standard: Sie sind ja durchaus wandlungsfähig: In kleiner Runde