Vom kurzen Leben der kleinen Teilchen
Teilchenphysiker Valentin Knünz erforscht die schwersten Teilchen im Atomkern
Während auch der physikalische Laie schon einmal von Protonen und Neutronen, Quarks oder sogar dem selteneren Higgs-Boson gehört hat, führen „Quarkonia“in der Öffentlichkeit eher ein Schattendasein. Dabei handelt es sich um die massereichsten der mittlerweile 61 bekannten Elementarteilchen des Atomkerns: Sie wiegen mehr als zehnmal so viel wie ein Proton. Die Erforschung der Quarkonia – genau genommen versteht man darunter den gebundenen Zustand aus einem Quark und seinem Antiquark – verspricht tiefere Einblicke in ganz grundlegende Fragen der Teilchenphysik: Wie kommt es zur Bindung von einem Quark und einem Antiquark? Wie werden Kernteilchen überhaupt erzeugt?
„Diese Teilchen sind zu kurzlebig, als dass man sie direkt registrieren und analysieren könnte“, sagt Valentin Knünz, der für seine Dissertation über dieses Thema kürzlich mit dem Victor-Hess-Preis der Österreichischen Physikalischen Gesellschaft und dem Wissenschaftspreis des Landes Vorarlberg (Spezialpreis) ausgezeichnet wurde. „Sie zerfallen aber in andere Teilchen, die dann am Detektor des Large Hadron Collider registriert werden und von denen wir auf das ursprüngliche Teilchen rückschließen können.“
Der Large Hadron Collider am Cern, der Europäischen Organisa- tion für Kernforschung in Genf, bietet optimale Bedingungen, um die Entstehung und die Eigenschaften von Quarkonia zu untersuchen.
Bei den Experimenten, die der Teilchenphysiker auswertete, wurden durch aufeinander abgefeuerte Protonenstrahlen an die 100 Millionen Kollisionen pro Sekunde erzeugt. Aufgezeichnet kann davon aber immer nur ein kleiner Teil werden, etwa 100 pro Sekunde, der dann gespeichert und in Speicherzentren auf der ganzen Welt verteilt wird.
„Ich bin in ein goldenes Zeitalter hineingeboren worden“, freut sich der Physiker und meint damit, dass die über Jahre dauern- den Aufbauarbeiten des Teilchenbeschleunigers und der Detektoren in Genf genau zu dem Zeitpunkt abgeschlossen waren, als er vor fünf Jahren mit seiner Forschungsarbeit begann. „Ich hatte somit das große Glück, dass ich direkt in die Datenanalyse einsteigen konnte.“Im Rahmen seiner Dissertation untersuchte Knünz ausgewählte Daten der LHC-Experimente eines ganzen Jahres.
Generell werden die enormen Datenmengen, die mittels der Detektoren des Teilchenbeschleunigers gesammelt werden, vorsortiert und dann über ein weltumspannendes Computernetzwerk – den LHC Computing Grid – an alle 140 beteiligten Institute weitergeleitet. Eines davon ist das Wiener Institut für Hochenergiephysik der Akademie der Wissenschaften und der Technischen Universität Wien, an dem Knünz vor seiner Dissertation bereits seine Diplomarbeit durchgeführt hat.
Die Liebe zu großen Datenmengen ist ihm dabei scheinbar angeboren: „Ich habe mich immer für Zahlen interessiert, und es war klar, dass ich in der Richtung auch etwas studieren möchte.“Und dieser Leidenschaft wird der Vorarlberger auch weiterhin treu bleiben: Für die Zeit nach dem Doktorat hat Knünz eines der begehrten Cern-Fellowships erhalten und wird die Erforschung der Quarkonia in den nächsten Jahren direkt vor Ort beim Teilchenbeschleuniger in Genf fortsetzen. dehäuser und andere Gebäude errichtet. Ihnen gilt Hartmuths besonderes Interesse. Die Wissenschaft hat diese Denkmäler bislang kaum beachtet, sagt er. Zu lange konzentrierten sich seine Kollegen auf die Architektur Istanbuls. Dort, so hieß es, könne die Essenz osmanischer Baukunst am besten studiert werden. „Die Monumentalbauwerke des Balkans sind dadurch praktisch unsichtbar geworden.“
Anders als anderswo in Europa lässt sich die osmanische Baukunst nicht in klar abgrenzbare Stilepochen gliedern, sagt Hartmuth. Es gebe keine Äquivalente zu Gotik, Renaissance oder Barock. Stattdessen unterscheidet der Kunsthistoriker vier strukturell verschiedene Phasen osmanischer Bautätigkeit auf dem Balkan. Die erste betrifft die Etablierung der Hegemonie im Süden der Halbinsel. Das Imperium steckte noch in den Kinderschuhen. Die damaligen Emire und Sultane sicherten ihre Regentschaft mithilfe regionaler Machthaber, und diese wiederum setzten sich selber gerne Denkmäler. Würdenträger gründeten Vakfs, Stiftungen, und ließen gemeinnützige Gebäude nach ihren eigenen Vorstellungen errichten.
Zunehmende Zentralisierung
Nach der Eroberung Konstantinopels im Jahr 1453 setzte eine Zeit der Konsolidierung ein. Das Reich wurde nun zunehmend zentralistisch von der neuen Hauptstadt Istanbul aus regiert. Die lokalen Herren verloren ihre Privilegien, für Extravaganzen war kein Platz mehr. Aber es wurde weiter gebaut. Die Ohrider ImaretMoschee entstand in dieser Periode. Sie diente nicht nur als Gebetshaus und Unterkunft, sondern hatte auch eine Suppenküche – wie üblich für Kostgänger aller Religionen.
Bald schickte Istanbul sogar genaue Baupläne in seine Provinzen. Besonders gut zeigt sich dies an der 1560–61 erbauten Ali-PaşaMoschee in Sarajevo und zwei weiteren, praktisch identischen Gotteshäusern in derselben Stadt, erklärt Hartmuth. „Dieser Bautyp wurde dutzendfach exportiert.“Der Stil sei zwar noch immer monumental, doch die Dimensionen auf Regionalniveau zurecht- gestutzt. Die ortsansässigen Vertreter des Sultans durften keine überbordenden Ambitionen umsetzen. „Die Architektur dieser Moscheen stand immer in Verbindung mit dem Rang der Bauherren“, sagt Hartmuth.
Ab Mitte des 18. Jahrhunderts kam es erneut zu einer Phase dezentralisierter Bautätigkeit. Neue Eliten gewannen zeitweilig an Macht und ließen ihrem eigenen Geschmack freien Lauf. Die Bunte Moschee im nordmazedonischen Tetovo ist ein herausragendes Beispiel dieser Stilrichtung, die keine war. Die einzige echte Gemeinsamkeit der Baudenkmäler aus dieser Ära ist ihre Ungleichheit.
Selbstbewusste Bauten
Während des 19. Jahrhunderts trat indes eine neue Sorte Monumentalbauten in Erscheinung. Die Istanbuler Zentralmacht zeigte ihre Präsenz auf dem Balkan nun durch die Errichtung von Schulen, Bahnhöfen, Kasernen und diversen Verwaltungsgebäuden. Abgesehen davon begannen zunehmend selbstbewusste christliche Gemeinden mit der Errichtung großer Kirchen wie der orthodoxen Kathedrale in Sarajevo. „Das“, meint Hartmuth, „hat so in der klassischen osmanischen Stadt gefehlt und veranschaulicht die veränderte Stellung der Christen im spätosmanischen Reich.“
Seit August 2014 arbeitet Hartmuth zusammen mit seinem Wiener Vorgesetzten Markus Ritter im Rahmen eines vom Wissenschaftsfonds FWF finanzierten Projekts an einer Neuevaluierung osmanischer Baudenkmäler auf dem Balkan.
Der Fokus liegt dabei auf Mazedonien und der osmanischen Expansionsphase bis etwa 1520. Hartmuth sieht Hinweise auf eine zeitweilige Begünstigung dieses Gebiets gegenüber anderen Regionen. Skopje spielte, als Grenzstadt zu christlichen Territorien, offenbar eine sehr wichtige Rolle, meint der Kunsthistoriker. „Es wurde ein Brückenkopf geschlagen.“Praktisch ein Schaufenster der osmanischen Kultur und des Islam. Detaillierte Analysen der noch existierenden Bauten aus dieser Zeit und Rekonstruktionen sollen schon bald tiefere Einblicke ermöglichen.