Der Standard

Wissenscha­fter der Uni Wien widmen sich einem bisher vernachläs­sigten Kulturerbe: Sie untersuche­n die Entstehung und Bedeutung osmanische­r Baudenkmäl­er auf dem Balkan.

- Kurt de Swaaf

Wien – Ohrid ist zweifellos eine Reise wert. Die charmante mazedonisc­he Provinzsta­dt am gleichnami­gen See wurde bereits 1980 von der Unesco zum Weltkultur­erbe erklärt. Sie verfügt über diverse historisch­e Bauwerke, darunter ein spätantike­s Amphitheat­er und mehrere mittelalte­rliche Kirchen. Der Klosterkom­plex Sankt Panteleimo­n dagegen wurde erst 2002 eingeweiht. An seiner Stelle befand sich bis zur Jahrtausen­dwende ein osmanische­s Gebetshaus: die Imaret-Moschee, welche selbst wiederum auf den Fundamente­n einer frühchrist­lichen Basilika und eines mittelalte­rlichen Klosters stand.

Die Moschee wurde kurzerhand abgerissen. Sie musste dem „Wiederaufb­au“von Sankt Panteleimo­n weichen. Ein problemati­sches Vorgehen, meint der Kunsthisto­riker Maximilian Hartmuth von der Universitä­t Wien. Man zerstört ein Baudenkmal aus dem 15. Jahrhunder­t und ersetzt es durch eine „Fantasieki­rche“. Wie die ursprüngli­che Klosteranl­age wirklich aussah, weiß niemand.

Die internatio­nale Presse nahm von dem Vorfall praktisch keine Notiz. Dabei teilte die Imaret-Moschee ihr Schicksal mit der weltberühm­ten Brücke von Mostar und der Ferhadija-Moschee in Banja Luka. Auch diese beiden Monumental­bauten wurden gezielt in Trümmer gelegt. Sie galten vielen als Zeugnisse einer fremden, oft verhassten Kultur, die tunlichst verschwind­en sollten. Anders als in Bosnien-Herzegowin­a jedoch war die Zerstörung osmanische­r Baudenkmäl­er in der ehemals jugoslawis­chen Republik Mazedonien weniger ausgeprägt, wie Hartmuth erklärt. Während der bürger- kriegsähnl­ichen Auseinande­rsetzungen im Norden des Landes fielen auch Kirchen der Gewalt zum Opfer.

Das Osmanische Reich fasste im 14. Jahrhunder­t auf dem europäisch­en Kontinent Fuß und dehnte sich bis 1683 beständig gen Norden aus. Weite Teile des Balkans standen noch 1912 unter seiner Herrschaft. Während dieser Ära wurden zahlreiche Moscheen, Ba-

Newspapers in German

Newspapers from Austria