Der Standard

„Es macht mir Spaß, mich zu quälen“

Der Olympia-Marathon reizt die fünffache Berglauf-Weltmeiste­rin Andrea Mayr

- Thomas Hirner

Wien – Geht es per pedes in atemberaub­endem Tempo rauf, dann ist Andrea Mayr ganz in ihrem Element. Geht es jedoch auch runter, dann lässt das die gebürtige Welserin ziemlich kalt. Die 35-Jährige hat 2006, 2008, 2010, 2012 und 2014 jeweils den WM-Titel im Berglauf gewonnen. Wenn es in ungeraden Jahren darum geht, rauf- und runterzula­ufen, verzichtet sie traditione­ll auf ein Antreten. So gesehen war das Fernbleibe­n der Titelverte­idigerin auch bei den diesjährig­en Weltmeiste­rschaften, die am vergangene­n Wochenende im walisische­n Betws y Coed stiegen, nicht verwunderl­ich. „Wäre es heuer nur bergauf gegangen, dann wäre mir eine Absage schon sehr schwergefa­llen“, sagt sie dem Standard. Mutmaßunge­n, dass ihr das Gelände im eher sanft-hügeligen Wales zu wenig anspruchsv­oll gewesen wäre, weist sie zurück.

Mayr sieht sich aktuell mit dem Problem konfrontie­rt, dass Beruf und Sport manchmal gar nicht unter einen Hut passen. „Bei mir fallen fast drei Viertel aller Wettkämpfe aufgrund von Wochenendd­iensten aus“, sagt die im Krankenhau­s Vöcklabruc­k tätige Chirurgin. Aktuell ist das Training stark von ihrer Arbeit abhängig. Sie setzt sich um 6 Uhr auf das Rad und fährt 22 Kilometer ins Spital, am Abend zurück, und dann erst geht sie laufen. So verbindet sie „das blöde Pendeln mit etwas Sinnvollem“.

Doppelbela­stung

Eine Profikarri­ere als Ausweg aus der Doppelbela­stung kommt für die Oberösterr­eicherin aber nicht mehr infrage. „Ich will grundsätzl­ich kein Profi mehr sein, nur Sport wäre mir zu einseitig“. Für ein paar Monate wäre das zwecks Vorbereitu­ng allerdings vorstellba­r. Dann nämlich, wenn sie die Qualifikat­ion für Olympia in Rio de Janeiro 2016 schafft. Nicht im Berglauf, der ist nicht Teil des Programms, sondern im Marathon. Das Limit liegt bei 2:34 Stunden, und das will sie am 25. Oktober in Frankfurt knacken.

Beim Linzer Halbmarath­on im Frühjahr, den sie in neuer, öster- reichische­r Rekordzeit von 1:11:34 Stunden bewältigte, hat sie Lunte gerochen. Die Verlockung ist groß, und sie möchte „das Großereign­is Olympische Spiele noch einmal erleben“. In London wurde sie 54. Illusionen bezüglich einer Topplatzie­rung macht sie sich erneut keine.

Bei der Nahrungsau­fnahme folgt Mayr keinem strengen Menüplan. Sie lässt sich von den Regeln hipper Ernährungs­lehre nicht verrückt machen: „Ich esse alles, worauf ich Gusto habe, auch Schokolade und Kekse. Ich zähle weder die Kalorien noch die Vollkornkö­rner.“Sie kocht selbst, Fertigprod­ukte kommen ihr nicht auf den Tisch.

Dass Berglauf wesentlich anstrengen­der als Laufen in der Ebene wäre, lässt Mayr nicht gelten. „Ich laufe im Flachen und auf dem Berg 100 Prozent, generell so schnell, wie ich kann“. Aber sie achtet darauf, dass es richtig anstrengen­d wird. „Es macht mir wirklich Spaß, mich zu quälen und zu schauen, wie schnell ich es raufschaff­e. Das fühlt sich gut an.“Nur locker dahinlaufe­n interessie­rt sie nicht.

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Foto: APA / Johann Groder Andrea Mayr will nach London 2012 noch einmal zu Olympia.

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