Der Standard

Im Sonderzykl­us „The Art of Song“singen große Frauen über große Gefühle: Buika, Cassandra Wilson, Hindi Zahra und Zaz gastieren mit ihrer Sangeskuns­t im Wiener Konzerthau­s.

- Stefan Ender The Art of Song Vivir Sin Mie- Coming Forth by

Wien – Im Anfang war der Rhythmus. Der Herzschlag, der Puls des Lebens. Dann war der Schrei, als Ausdruck des Schmerzes oder der Freude. Aus dem Schrei wurde Gesang, wurde Melodie, aus dem Puls des Herzens der Schlag der Trommel. Und schon war sie da, die Musik, der aus dem menschlich­en Körper geborene klingende Ausdruck des Gefühls.

Gesang ist immer noch jene musikalisc­he Äußerung, die – bei aller Virtuositä­t und Überzeugun­gskraft von Instrument­almusik – am direkteste­n und intensivst­en rührt. Zum sechsten Mal bietet das Wiener Konzerthau­s nun einen Sonderzykl­us an, der herausrage­nden Stimmen gewidmet ist. Die fünfteilig­e Abonnement­reihe präsentier­t Sängerinne­n unterschie­dlichster Nationalit­ät und unterschie­dlichster Stilrichtu­ngen. Chanson und Soul, Jazz und Pop, arabische, afrikanisc­he oder südeuropäi­sche Rhythmen und Melodien: Von allem etwas wird hier zu hören sein.

Ihren Körper als Instrument verwenden dabei die spanische Sängerin Buika, die große Cassandra Wilson, die marokkanis­che Sängerin Hindi Zahra und die frech-quirlige Liedermach­erin Zaz. Ergänzt wird das Angebot von einem gemeinsame­n Auftritt des Avishai Cohen Trio und des Brno Philharmon­ic Orchestra.

Concha Buika eröffnet die Serie der großen Stimmen mit einem besonderen Präsent im Gepäck. Zwei Tage nach Veröffentl­ichung ihres neuen Albums do stellt die 43-Jährige selbiges im Wiener Konzerthau­s vor. Die in Palma de Mallorca geborene Tochter afrikanisc­her Eltern mischt in ihren Liedern Flamenco mit Jazz, Soul, Funk, spanischen und afrikanisc­hen Rhythmen.

Am Anfang war Billie

Buika hat mit Größen wie Chick Korea, Pat Metheny, Charles Aznavour oder Seal zusammenge­arbeitet, der spanische Starregiss­eur Pedro Almodóvar ist ein Fan ihrer dunklen, weichen, tiefen Stimme. In seinem Film La piel que habito (Die Haut, in der ich wohne) hatte sie einen großen Auftritt. Zur „Queen of Flamenco Fusion“hat der britische Guardian Buika ernannt und sich von ihrer ansteckend­en Lache fasziniert gezeigt. Sie wäre eben Afrikaneri­n und nicht in katholisch­er Traurigkei­t erzogen worden, sagt Buika. Und auf ihren musikalisc­hen Horizont angesproch­en, meinte sie: „Ich verstehe jede Art von Musik, ich kann in jeder Sprache und jeden Rhythmus singen.“(18. 10.)

Cassandra Wilson wird bei ihrem Auftritt im Wiener Konzerthau­s wohl auf Englisch singen. Die 59-Jährige präsentier­t hier ihr neues, 22. Album Day, eine Hommage an die JazzIkone Billie Holiday. Holiday wurde vor 100 Jahren geboren, mit ihr, meinte Wilson in einem Interview, hätte der Jazzgesang erst so richtig begonnen. Natürlich wollte Wilson Holiday nicht einfach kopieren, sondern ihre Lieder „neu erfinden, unberechen­bare Dinge damit machen“. Mit ihrer verführeri­schen, tiefen Stimme und ihrem hypnotisch­en Stil interpreti­ert sie den Holiday-Kanon auf ihre eigene Weise. (2. 11.)

Hindi Zahra bevorzugt in ihren Liedern eine leichtere, beschwingt­ere Gangart als Wilson, viele ihrer Songs evozieren sommerlich­e Stimmungen. Da ist die helle, klare, zarte Stimme der 36Jährigen, umzupft von ein paar luftigen Gitarrenkl­ängen. Ein bisschen wie Françoise Hardy. Homeland, das neue Album von Zahra, der Tochter einer Berberin und eines Franzosen, entstand in Ko- operation mit dem Perkussion­isten Rhani Krija in einem alten Haus in Marrakesch. Afrika und Europa, Blues, Folk und Jazz vermählen sich in den Nummern. (23. 11.)

Seltene Fusion

Ein bisschen Girlie aus der Gosse, frech, burschikos, quirlig, das ist Zaz. In ihrem 2014 erschienen­en Album Paris erweist die 35Jährige der französisc­hen Hauptstadt ihre ganz eigene Reverenz: mit Neuinterpr­etationen berühmter Lieder, die über die Stadt an der Seine geschriebe­n wurden. Ihre musikalisc­hen Mitstreite­r sind prominent: Quincy Jones hat drei bigbandlas­tige Songs produziert, Charles Aznavour ist als Duettpartn­er mit dabei. Im Konzerthau­s wird Isabelle Geffroy, wie Zaz eigentlich heißt, ihre Neuinterpr­etationen mit einer achtköpfig­en Band vortragen, und mit ihrer unverwechs­elbar rauchigen Stimme natürlich. (12. 1.)

Eine selten zu hörende Fusion von Jazz und Symphonie ist im Programm „An Evening with Avishai Cohen“zu erleben. Das Brno Philharmon­ic Orchestra musiziert unter Robert Sadin mit Daniel Dor, Nitai Hershkovit­s und Avishai Cohen. Der israelisch­e Jazzbassis­t und Bandleader wird eigene Kompositio­nen für Orchester und Jazztrio vorstellen und dabei Klassik und Jazz in einen hoffentlic­h befruchten­den, harmonisch­en Zusammenkl­ang bringen. (2. 12.)

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