Im Sonderzyklus „The Art of Song“singen große Frauen über große Gefühle: Buika, Cassandra Wilson, Hindi Zahra und Zaz gastieren mit ihrer Sangeskunst im Wiener Konzerthaus.
Wien – Im Anfang war der Rhythmus. Der Herzschlag, der Puls des Lebens. Dann war der Schrei, als Ausdruck des Schmerzes oder der Freude. Aus dem Schrei wurde Gesang, wurde Melodie, aus dem Puls des Herzens der Schlag der Trommel. Und schon war sie da, die Musik, der aus dem menschlichen Körper geborene klingende Ausdruck des Gefühls.
Gesang ist immer noch jene musikalische Äußerung, die – bei aller Virtuosität und Überzeugungskraft von Instrumentalmusik – am direktesten und intensivsten rührt. Zum sechsten Mal bietet das Wiener Konzerthaus nun einen Sonderzyklus an, der herausragenden Stimmen gewidmet ist. Die fünfteilige Abonnementreihe präsentiert Sängerinnen unterschiedlichster Nationalität und unterschiedlichster Stilrichtungen. Chanson und Soul, Jazz und Pop, arabische, afrikanische oder südeuropäische Rhythmen und Melodien: Von allem etwas wird hier zu hören sein.
Ihren Körper als Instrument verwenden dabei die spanische Sängerin Buika, die große Cassandra Wilson, die marokkanische Sängerin Hindi Zahra und die frech-quirlige Liedermacherin Zaz. Ergänzt wird das Angebot von einem gemeinsamen Auftritt des Avishai Cohen Trio und des Brno Philharmonic Orchestra.
Concha Buika eröffnet die Serie der großen Stimmen mit einem besonderen Präsent im Gepäck. Zwei Tage nach Veröffentlichung ihres neuen Albums do stellt die 43-Jährige selbiges im Wiener Konzerthaus vor. Die in Palma de Mallorca geborene Tochter afrikanischer Eltern mischt in ihren Liedern Flamenco mit Jazz, Soul, Funk, spanischen und afrikanischen Rhythmen.
Am Anfang war Billie
Buika hat mit Größen wie Chick Korea, Pat Metheny, Charles Aznavour oder Seal zusammengearbeitet, der spanische Starregisseur Pedro Almodóvar ist ein Fan ihrer dunklen, weichen, tiefen Stimme. In seinem Film La piel que habito (Die Haut, in der ich wohne) hatte sie einen großen Auftritt. Zur „Queen of Flamenco Fusion“hat der britische Guardian Buika ernannt und sich von ihrer ansteckenden Lache fasziniert gezeigt. Sie wäre eben Afrikanerin und nicht in katholischer Traurigkeit erzogen worden, sagt Buika. Und auf ihren musikalischen Horizont angesprochen, meinte sie: „Ich verstehe jede Art von Musik, ich kann in jeder Sprache und jeden Rhythmus singen.“(18. 10.)
Cassandra Wilson wird bei ihrem Auftritt im Wiener Konzerthaus wohl auf Englisch singen. Die 59-Jährige präsentiert hier ihr neues, 22. Album Day, eine Hommage an die JazzIkone Billie Holiday. Holiday wurde vor 100 Jahren geboren, mit ihr, meinte Wilson in einem Interview, hätte der Jazzgesang erst so richtig begonnen. Natürlich wollte Wilson Holiday nicht einfach kopieren, sondern ihre Lieder „neu erfinden, unberechenbare Dinge damit machen“. Mit ihrer verführerischen, tiefen Stimme und ihrem hypnotischen Stil interpretiert sie den Holiday-Kanon auf ihre eigene Weise. (2. 11.)
Hindi Zahra bevorzugt in ihren Liedern eine leichtere, beschwingtere Gangart als Wilson, viele ihrer Songs evozieren sommerliche Stimmungen. Da ist die helle, klare, zarte Stimme der 36Jährigen, umzupft von ein paar luftigen Gitarrenklängen. Ein bisschen wie Françoise Hardy. Homeland, das neue Album von Zahra, der Tochter einer Berberin und eines Franzosen, entstand in Ko- operation mit dem Perkussionisten Rhani Krija in einem alten Haus in Marrakesch. Afrika und Europa, Blues, Folk und Jazz vermählen sich in den Nummern. (23. 11.)
Seltene Fusion
Ein bisschen Girlie aus der Gosse, frech, burschikos, quirlig, das ist Zaz. In ihrem 2014 erschienenen Album Paris erweist die 35Jährige der französischen Hauptstadt ihre ganz eigene Reverenz: mit Neuinterpretationen berühmter Lieder, die über die Stadt an der Seine geschrieben wurden. Ihre musikalischen Mitstreiter sind prominent: Quincy Jones hat drei bigbandlastige Songs produziert, Charles Aznavour ist als Duettpartner mit dabei. Im Konzerthaus wird Isabelle Geffroy, wie Zaz eigentlich heißt, ihre Neuinterpretationen mit einer achtköpfigen Band vortragen, und mit ihrer unverwechselbar rauchigen Stimme natürlich. (12. 1.)
Eine selten zu hörende Fusion von Jazz und Symphonie ist im Programm „An Evening with Avishai Cohen“zu erleben. Das Brno Philharmonic Orchestra musiziert unter Robert Sadin mit Daniel Dor, Nitai Hershkovits und Avishai Cohen. Der israelische Jazzbassist und Bandleader wird eigene Kompositionen für Orchester und Jazztrio vorstellen und dabei Klassik und Jazz in einen hoffentlich befruchtenden, harmonischen Zusammenklang bringen. (2. 12.)