Flüchtlinge: Willkommen in Österreich!
Ein Willkommensbrief, der auf Werte und Gepflogenheiten hinweist
Die Flüchtlingsproblematik eignet sich wie kaum eine andere, Ängste zu schüren und politisches Kleingeld zu machen. Aussagen, die sich von der Wiedergabe allgemeiner Floskeln unterscheiden, werden sehr schnell in ein extremes Eck gestellt. Ich lehne mich dennoch aus dem Fenster und verfasse, angeregt durch einen Artikel in der FAZ (Michael Martens, „Es gilt das Grundgesetz“), einen Willkommensbrief für Flüchtlinge, wie ich ihn mir vorstellen könnte:
Sehr geehrte Damen und Herren!
Willkommen in Österreich! Viele von Ihnen haben Leid erlebt, das sich die meisten von uns kaum vorstellen können. Sie haben es geschafft. Sie sind in Sicherheit. Eine verschwindende Minderheit von Österreichern, die Gewalt gegen Flüchtlinge anwendet, wird mit aller Härte unserer Gesetze verfolgt. Sie werden weder hungern noch dursten oder frieren müssen. Denn Österreich ist ein friedliches und wohlhabendes Land, dessen Bevölkerung ihre Hilfsbereitschaft gegenüber Hilfsbedürftigen im Lauf der letzten sechzig Jahre wiederholt unter Beweis gestellt hat.
Dass wir in einer solch glücklichen Lage sind, verdanken wir nicht nur, aber auch unseren Gesetzen und Überzeugungen, von denen sich einige vielleicht sehr deutlich von jenen unterscheiden, die Sie aus Ihrer Heimat kennen.
Bei uns haben grundsätzlich alle Menschen dieselben Rechte ohne Unterschied der Geburt, des Geschlechtes, der sexuellen Orientierung, der Rasse, des Standes, der Klasse, der Sprache und der Religion.
Konkret bedeutet es etwa, dass Mädchen in der Schule auch am Schwimmunterricht teilnehmen müssen, eine Lehrerin Ihrem Sohn, selbst wenn er bereits volljährig ist, vorschreiben kann, was er zu tun hat, Ihre Tochter oder Schwester einen Mann anderer Hautfarbe oder Religion heiraten darf und ein gewaltsamer Versuch Ihrerseits, sie daran zu hindern, einen Rechtsbruch darstellt, der mit aller Härte unserer Gesetze verfolgt wird.
Freie Partnerwahl
Konkret bedeutet es etwa, dass auch Frauen Frauen und Männer Männer als Partner wählen, das öffentlich zeigen und eine Familie gründen dürfen. Jeder gewaltsame Versuch, das zu verhindern, stellt einen Rechtsbruch dar, der mit aller Härte unserer Gesetze verfolgt wird.
Konkret bedeutet es etwa, dass unsere Gesetze über jeder heiligen Schrift stehen, der Bibel, dem Koran und jeder anderen. Taten, die eine heilige Schrift (angeblich) legitimiert, die aber gegen unsere Gesetze verstoßen, sind Rechtsbrüche, die mit aller Härte unserer Gesetze verfolgt werden.
Konkret bedeutet es etwa das Recht auf eine eigene Meinung und insbesondere darauf, diese auch zu äußern. Das Zerreißen einer Bibel oder des Korans, das Karikieren von Jesus oder Mohammed mögen geschmacklos sein, verboten ist es aber nicht. Jeder gewaltsame Versuch, das zu verhindern, ist jedoch ein Rechtsbruch, der mit aller Härte unserer Gesetze verfolgt wird.
Manche von Ihnen werden auch nach Ausschöpfung aller Rechtsmittel – auch das ist eines unserer Grundrechte – nicht hierbleiben dürfen. Dann ist der Zeitpunkt des Abschieds gekommen. Wenn Sie unsere Heimat trotzdem nicht verlassen, begehen Sie einen Rechtsbruch, der mit aller Härte unserer Gesetze verfolgt wird.
Einige von Ihnen werden gerade deshalb zu uns gekommen sein, weil wir nach solchen Gesetzen und Überzeugungen leben. Einige von Ihnen werden sich unseren Regeln aber nicht beugen wollen. Ihnen raten wir dringend, möglichst rasch unsere schöne Heimat zu verlassen. Denn in dieser Hinsicht werden wir keine Toleranz zeigen, damit die Menschen, die schon lange hier leben, und die Menschen, die hier ihre neue Heimat finden, unsere Gesetze und Überzeugungen teilen wollen und uns willkommen sind, auch in Zukunft in einem friedlichen und wohlhabenden Land leben können. Liebe Grüße, Ihr Österreich