Bund erzwingt erste Asylquartiere in Gemeinden
Das Innenministerium hat bereits die Einrichtung von Quartieren für Asylwerber in drei Gemeinden durchgesetzt. Auf EU-Ebene nimmt die Idee, elf Hotspots an der Außengrenze zur Registrierung von Flüchtlingen einzurichten, konkretere Formen an.
Wien – Der Bund macht von seinem neuen Durchgriffsrecht, um feste Quartiere für Asylwerber ohne Zustimmung von Gemeinden oder Ländern einzurichten, bereits Gebrauch. Drei entsprechende Bescheide hat das Innenministerium ausgestellt, weitere 15 sollen in den kommenden Wochen folgen.
Der VP-nahe Bürgermeister von Althofen, Alexander Benedikt, hat „schon damit gerechnet“, dass das Durchgriffsrecht seine Gemeinde betreffen wird – und damit kein Problem. Derzeit befänden sich in dem Ort im Bezirk St. Veit (Kärnten) 200 Asylwerber in Zelten. Das sei wegen der Kälte „eigentlich untragbar“. In den geplanten Containern sollen 150 Personen wohnen. Auch nach Ossiach, wo sich Bürgermeister Johann Huber (FPÖ) bisher erfolgreich gegen die Einrichtung eines sogenannten Verteilerzentrums für 120 Flüchtlinge wehrte, sandte das Innenministerium einen Bescheid. Im früheren Kriegsblindenheim müsse sich aber „in Sachen Brandschutz, Sicherheit und Gesundheit noch einiges tun, bis jemand einziehen kann“, sagte Huber der Austria Presse Agentur (APA). Die Gemeinde hatte im Sommer über das Gebäude einen Baustopp verhängt.
Als Drittes wurde Steyregg in Oberösterreich angeschrieben; dem Bundesland fehlen die meisten Plätze für die Erfüllung der Landesquote zur Unterbringung von Flüchtlingen.
Rund 180.000 Flüchtlinge sollen seit 5. September nach beziehungsweise durch Österreich gekommen sein. Laut Innenministerium suchten rund 9000 Menschen im September in Österreich um Asyl an. Für August ist die detaillierte Statistik seit Freitag verfügbar: Sie zeigt, dass die meisten Asylanträge nicht mehr – wie noch im Juli – von Afghanen (im August 2790) gestellt wurden, sondern von Syrern (2866). Insgesamt wird für heuer mit rund 85.000 Asylanträgen gerechnet.
Dadurch erwachsen Österreich für die Grundversorgung, die jeder Person in einem Asylverfahren zusteht, höhere Kosten. Für das Jahr 2016 sind nun statt 220 Millionen rund 420 Millionen Euro eingeplant.
Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) sagte am Freitag nach einem Arbeitstreffen mit dem Vizepräsidenten der EUKommission, Valdis Dombrovskis, die genaue Summe werde davon abhängen, wie sich Deutsch- lands weiter verhält. Man werde kurzfristig reagieren.
Im Innenministerium wird derweil an Details zu einem Konzept für „Asyl auf Zeit“gearbeitet. ÖVP-Frauensprecherin Dorothea Schittenhelm ließ am Freitag durchklingen, dass es in der Zeit von drei Jahren keinen Familiennachzug geben solle.
Hotspots bis Ende November
„Rasch“sollen auch sogenannte Hotspots an den EU-Außengrenzen errichtet werden, wenn es nach Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) geht, der am Freitag mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel und EU-Ratspräsident Donald Tusk dazu telefoniert hatte. Elf Registrierungsstellen für Flüchtlinge in Griechenland und Italien könnten bereits bis Ende November eingerichtet sein, so schätzte es EU-Kommissionsvize Frans Timmermans im Ö1-Interview ein. Sechs dieser Spots sollen in Italien entstehen, auf Lampedusa, Sizilien und auf dem Fest- land. Fünf weitere sind auf den griechischen Inseln Lesbos, Chios, Samos, Leros und Kos geplant. Ankommende sollen dort registriert und aus EU-Sicht nicht Schutzberechtigte wieder abgeschoben werden. Allerdings sind sich noch viele Fragen zur Umsetzung offen. Österreich will 100 Experten nach Griechenland entsenden, um beim Aufbau zu helfen.
„Alle Flüchtlinge willkommen heißen“will hingegen am Samstag die Plattform für menschliche Asylpolitik bei einer Demonstration auf dem Christian-BrodaPlatz beim Westbahnhof (ab 13 Uhr). Am Nachmittag steigt auf dem Heldenplatz das Konzert „Voices for Refugees“, zu dem NGOs laden – allen voran die Volkshilfe. Auf der Bühne sollen unter anderem die Toten Hosen, Conchita und Kreisky performen, als einer der Redner wurde Bundespräsident Heinz Fischer erwartet. Mit Staus ist zu rechnen. (spri)