Die letzten Meter vor der Wahl am Sonntag
Am Donnerstag beendeten die ersten Parteien den Wiener Wahlkampf. Die FPÖ belagerte den Stephansplatz, der ÖVP reichten 15 Minuten beim Rathaus. Im Duell zwischen Rot und Blau rückten andere Parteien in den Hintergrund.
Mit Falcos Vienna Calling, gelben Luftballons und Mitarbeiterapplaus beging die ÖVP Wien am Donnerstag als erste Partei ihren Wahlkampfabschluss. Das Event beim ÖVP-Büro neben dem Rathaus dauerte 15 Minuten. Spitzenkandidat Manfred Juraczka sprach fünf davon – über Michael Häupl, der seine „Abreibung für Rot-Grün kriegen“und Heinz-Christian Strache, der „von den Ängsten der Menschen profitieren“werde.
Unter die Funktionäre mischten sich Gesichter aus der Bundespolitik – Familienministerin Sophie Karmasin, Staatssekretär Harald Mahrer – sowie einige Passanten. Letzteren war der Spitzenkan- didat nicht immer ein Begriff. „Ich erkenne nur die Ingrid Korosec“, sagte eine Frau und zeigte auf die Seniorensprecherin.
Umfragen verorten die Schwarzen bei nicht mehr als zehn Prozent der Stimmen. Unsicher ist auch, ob sie die ehemals schwarze Bastion, den ersten Bezirk, halten werden können, nachdem Citychefin Ursula Stenzel zur FPÖ überlief. Juraczka erwähnte sie in seiner Rede nicht explizit, sprach aber davon, dass im Wahlkampf Werte verraten worden seien.
Juraczka wünscht sich trotzdem „ein respektableres Ergebnis als beim letzten Mal“, als die ÖVP mit 14 Prozent abschnitt (siehe Grafik). Sein Ziel: „Platz drei gegen die Grünen sichern“und dann „effizient und professionell“regieren.
Ob das auch in einer Koalition mit der FPÖ passieren könnte, darüber spreche man derzeit nicht, sagte er dem STANDARD. Denn Umfragen sprächen dagegen, dass die Blauen den ersten Platz schaffen.
Es wird jedenfalls knapp. Laut einer STANDARD- Umfrage von Anfang Oktober liegen SPÖ und FPÖ mit 36 und 35 Prozent nur noch einen Prozentpunkt auseinander. Demnach würden die Roten acht Prozentpunkte gegenüber 2010 verlieren und die Blauen um neun Prozentpunkte zulegen.
Mit Wahlkampfthemen wie dem Erhalt von Gymnasien oder „Autofahrerschikanen“konnte sich die ÖVP gegenüber dem dominierenden Thema Flüchtlinge nicht hervorheben (siehe Interview rechts). Ein Problem, mit dem sie nicht allein dasteht.
Vom Duell profitieren
Die Grünen, die ihr Wahlkampffinale wie Neos und SPÖ heute, Freitag begehen, warben zuletzt mit dem Slogan „Wer Rot-Grün will, muss Grün wählen“um Stimmen. Die Neos inszenierten sich als Lösung gegen Rot wie Blau mit den Slogans „Gegen fette Politik“und „Gegen braune Flecken“.
Denn das Duell zwischen SPÖ und FPÖ – von dem beide Parteien profitieren – hat sich mittlerweile so weit zugespitzt, dass viele ihr Kreuzerl strategisch setzen könnten. Weniger die Inhalte als vielmehr die Stimmung könnte entscheidend sein – auf beiden Seiten: Die einen könnten Blau wählen, um den roten Machtapparat zu brechen, die anderen Rot, um menschenfeindliche Hetze zu verhindern.
Für andere Themen scheint es zwei Tage vor der Wahl überhaupt keinen Platz mehr zu geben. Der aufblasbare „Miethai“der Grünen gegen hohe Mietpreise, das Versprechen Häupls, wieder Gemeindewohnungen zu bauen oder das „Bildungsaufbegehren“der Neos sind in den Hintergrund gerückt.
Dass die FPÖ ihren Wahlkampfabschluss am Donnerstag am Stephansplatz im ersten Bezirk abhielt, ärgerte die Neos. Citychefin Stenzel erlaube ja dort eigentlich nur kirchliche Events.