Der Standard

Bayern will Grenzen zu Österreich dichtmache­n

Merkel betont in großem TV-Interview: Aufnahmest­opp für Flüchtling­e ist unmöglich

- Birgit Baumann aus Berlin

Der Graben zwischen der deutschen Kanzlerin Angela Merkel und der CSU wird immer tiefer. Angesichts der vielen Flüchtling­e, die nach wie vor aus Österreich nach Bayern kommen, fordert Bayerns Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) nun, die Grenze zu Österreich zu schließen.

„Sollte unser Nachbarlan­d Österreich weiterhin das europäisch­e Recht missachten, muss auch Deutschlan­d prüfen, ob es Flüchtling­e nicht unmittelba­r an der österreich­ischen Grenze zurückweis­t. Denn in Österreich waren die Flüchtling­e bereits sicher“, erklärt Herrmann. Er verweist auf das Grundgeset­z, in dem festgelegt sei, dass jemand, der aus einem sicheren Land nach Deutschlan­d komme, keinen Anspruch auf politische­s Asyl habe.

Zurzeit werde dies durch die sogenannte Dublin-Regelung in der EU überlagert. Diese besagt, dass Flüchtling­e in dem Land ins Asyl- verfahren müssen, in dem sie die EU betreten. Da „Dublin“aber de facto nicht mehr gelte, müsse man eben deutsches Verfassung­srecht anwenden. Die bayerische Regierung will heute, Freitag, in einer Krisensitz­ung über Maßnahmen beraten. Im Alleingang wird der Freistaat die Grenzen nicht schließen können. Denn, wie Herrmann einräumt: „Das ist Bundesrech­t.“Im Gespräch ist die Weiterleit­ung von Sonderzüge­n mit Flüchtling­en in andere deutsche Länder.

„Signale der Ordnung“

Merkel hingegen hat in einem vielbeacht­eten Interview klargemach­t, dass die Grenzen nicht geschlosse­n werden und dass es keinen Aufnahmest­opp geben werde. Eine Stunde lang stellte sie sich in lockerer und optimistis­cher Verfassung den Fragen von ARD-Talkerin Anne Will (Zitate links).

Erneut lautete ihr Credo: „Wir schaffen das. Deutschlan­d ist ein Land, das die Flüchtling­e freundlich empfängt. Darauf bin ich stolz.“Allerdings räumte Merkel auch ein, dass „Signale der Ordnung“nötig seien. Sie aber habe „einen Plan“. Sie dämpfte jedoch Hoffnungen, die Krise könnte bald enden: „Es liegt nicht in meiner Macht, wie viele Menschen nach Deutschlan­d kommen.“

Vergleich mit Schröder

In Berlin wird Merkels Handeln immer öfter mit Gerhard Schröders Vorgehen im Jahr 2004/2005 verglichen. Damals setzte Schröder als Kanzler die Agenda 2010 um, und diese bescherte den Deutschen tiefe Einschnitt­e ins Sozialsyst­em (Stichwort Hartz IV).

Schröder agierte dabei gegen große Teile der Bevölkerun­g und der SPD, die Gründung der Linken durch Oskar Lafontaine war die Folge. Doch Deutschlan­d hatte damals eine Rekordarbe­itslosigke­it und galt als „kranker Mann Europas“. Schröder waren die Reformen wichtiger als seine Kanzlersch­aft. Denn die Wahl 2005, die er zur Vertrauens­frage über die Agenda machte, kostete ihn dann das Amt. Kommentar Seite 36 Graz – Sie möchten „arbeiten und ein aktiver Teil der Gesellscha­ft werden. Dadurch können wir auch unsere Dankbarkei­t gegenüber Österreich ausdrücken“, äußerten sich jene 80 Flüchtling­e, die am Grazer Paulustor ihre Zelte aufgeschla­gen haben. Außerdem wollen sie Familienmi­tglieder, die noch nicht in Sicherheit sind, nachholen. Ihr am 30. September installier­tes Camp wird um eine weitere Woche verlängert. Die FPÖ fordert die sofortige Auflösung des Camps. (cms) Wien – Gegen die Flüchtling­shelferin, die in Nickelsdor­f von einem Mitarbeite­r der Innenminis­terin niedergest­oßen wurde, wird wegen Verdachts auf Schleppere­i ermittelt. Laut ihrem Anwalt Georg Zanger weist sie alle Vorwürfe zurück. (red)

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den Fragen von Anne Will. Einziges Thema: die Flüchtling­skrise.
Eine Stunde lang stellte sich die deutsche Kanzlerin Angela Merkel den Fragen von Anne Will. Einziges Thema: die Flüchtling­skrise.

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