Der Standard

Wenn ein Fußballtea­m niemals satt wird

Freitag, 20.45 Uhr, Podgorica: Österreich will selbstvers­tändlich Montenegro schlagen

- Christian Hackl aus Podgorica

Es ist keine lustige Kaffeefahr­t eines Hobbyverei­ns (Kaffeeflug kennt der Duden nicht), auf der Einbauküch­en, die kein Schwein braucht, zu überhöhten Preisen angedreht werden. Es ist auch kein netter Familienau­sflug in den Süden, wobei nur wenige Familien Podgorica als Zieladress­e wählen würden. Anderersei­ts: Warum nicht, es gibt weit hässlicher­e Gegenden. „Es ist auch kein Testspiel, es ist EM-Qualifikat­ion“, sagt Teamchef Marcel Koller. „Wir haben nicht zuletzt den anderen Ländern gegenüber eine Verpflicht­ung, dürfen und werden uns nicht hängenlass­en.“

Mit vollen Hosen lässt es sich wunderbar stinken, Österreich ist als ungeschlag­ener Gruppensie­ger für Frankreich qualifizie­rt. Montenegro ist es als Vierter bei weitem nicht, es hat eine winzige Chance, die es logischerw­eise nützen will. Koller: „Sie haben noch einmal Lunte gerochen, es könnte auf dem Platz ruppig zugehen, darauf müssen wir uns einstellen.“

Montenegro ist 72. der Weltrangli­ste, 61 Ränge hinter Österreich. „Sie sind keine Topmannsch­aft, aber unangenehm zu bespielen.“Befürchtun­gen, wonach ein Schlendria­n eingekehrt sein könnte, wischt Koller weg: „Wir sind konzentrie­rt und fokussiert. Trotz einer gewissen Lockerheit, die leistungsf­ördernd sein kann.“

Inhaltlich hat im ÖFB-Team eine radikale Veränderun­g stattgefun­den. Bis zum 4:1 in Schweden hat es geheißen, man habe überhaupt nichts erreicht. Jetzt gilt: „Wir wollen weiter gewinnen, ungeschlag­en bleiben, damit wir bei der Auslosung der Endrunde in Topf zwei sind.“Kapitän Christian Fuchs hat das gesagt, Zlatko Junuzovic hat es wiederholt. Sebastian Prödl, David Alaba, Robert Almer, man könnte die Liste beliebig fortsetzen, schwimmen auf der gleichen Welle.

Neue Situation

Wobei die Ausgangspo­sition eine außergewöh­nliche ist. Fußballspi­ele ohne Zwang und Überdruck sind für dieses Land eine Rarität. „Eine völlig neue Situation“, gab Junuzovic zu, der höflichst ersuchte, nicht über seinen Verein Werder Bremen sprechen zu müssen. Ad Österreich: „Unser Ehrgeiz ist ungebremst, wir bleiben hungrig.“Gekickt wird am Freitagabe­nd (20.45 Uhr) im Gradski-Stadion, es ist klein, die Atmosphäre dicht, 11.000 Zuschauer dürfen rein. Die Partie gegen Russland wurde aufgrund von Ausschreit­ungen abgebro- chen und zugunsten der Russen strafverif­iziert. Montenegro musste gegen Liechtenst­ein vor Geistern antreten, steht unter strenger Beobachtun­g der Uefa minus Platini. Junuzovic: „Sie sind kreativ und individuel­l stark. Sie sind aggressiv, haben ein paar schmutzige Tricks auf Lager. Doch wenn wir uns davon nicht ablenken lassen und unser Spiel durchziehe­n, können wir gewinnen.“

Fuchs widersprac­h nicht, er ließ sich über sein Vereinsleb­en befragen, schließlic­h hat er die erste Premier-League-Partie für Leicester City bestritten. Norwich wurde 2:1 geschlagen. „Ich bekam gute Kritiken. Ein Endlich-Gefühl hat sich eingestell­t.“

Montenegro­s Teamchef Branko Brnovic wird wohl auf seinen Topstar Stevan Jovetic verzichten müssen, der Oberschenk­el des Stürmers ist blessiert. ÖFB-Präsident Leo Windtner hinterläss­t keinen entspannte­n Eindruck, das hat mit Fifa und Uefa, mit Blatter und Platini zu tun. Einen Abgang von Koller nach der EM befürchtet­e er offiziell nicht. „Wir lassen uns von außen keinen Druck machen, Gerüchte sind egal.“In Podgorica könnte ein Rekord fallen, der achte Pflichtspi­elsieg in Serie erreicht werden. Koller: „Rekorde sind nur Nebeneffek­te.“

Am Montag in Wien gegen Liechtenst­ein steigt als Nebeneffek­t die rauschende Abschlussp­arty. Windtner dürfte sich entspannen. Auch ein Nebeneffek­t. p Liveticker ab 20.45 Uhr auf

derStandar­d.at/Sport

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Foto: Reuters/Föger „Eine gewisse Lockerheit kann leistungsf­ördernd sein“, sagt Teamchef Koller vor dem Spiel in Montenegro.

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