Wenn ein Fußballteam niemals satt wird
Freitag, 20.45 Uhr, Podgorica: Österreich will selbstverständlich Montenegro schlagen
Es ist keine lustige Kaffeefahrt eines Hobbyvereins (Kaffeeflug kennt der Duden nicht), auf der Einbauküchen, die kein Schwein braucht, zu überhöhten Preisen angedreht werden. Es ist auch kein netter Familienausflug in den Süden, wobei nur wenige Familien Podgorica als Zieladresse wählen würden. Andererseits: Warum nicht, es gibt weit hässlichere Gegenden. „Es ist auch kein Testspiel, es ist EM-Qualifikation“, sagt Teamchef Marcel Koller. „Wir haben nicht zuletzt den anderen Ländern gegenüber eine Verpflichtung, dürfen und werden uns nicht hängenlassen.“
Mit vollen Hosen lässt es sich wunderbar stinken, Österreich ist als ungeschlagener Gruppensieger für Frankreich qualifiziert. Montenegro ist es als Vierter bei weitem nicht, es hat eine winzige Chance, die es logischerweise nützen will. Koller: „Sie haben noch einmal Lunte gerochen, es könnte auf dem Platz ruppig zugehen, darauf müssen wir uns einstellen.“
Montenegro ist 72. der Weltrangliste, 61 Ränge hinter Österreich. „Sie sind keine Topmannschaft, aber unangenehm zu bespielen.“Befürchtungen, wonach ein Schlendrian eingekehrt sein könnte, wischt Koller weg: „Wir sind konzentriert und fokussiert. Trotz einer gewissen Lockerheit, die leistungsfördernd sein kann.“
Inhaltlich hat im ÖFB-Team eine radikale Veränderung stattgefunden. Bis zum 4:1 in Schweden hat es geheißen, man habe überhaupt nichts erreicht. Jetzt gilt: „Wir wollen weiter gewinnen, ungeschlagen bleiben, damit wir bei der Auslosung der Endrunde in Topf zwei sind.“Kapitän Christian Fuchs hat das gesagt, Zlatko Junuzovic hat es wiederholt. Sebastian Prödl, David Alaba, Robert Almer, man könnte die Liste beliebig fortsetzen, schwimmen auf der gleichen Welle.
Neue Situation
Wobei die Ausgangsposition eine außergewöhnliche ist. Fußballspiele ohne Zwang und Überdruck sind für dieses Land eine Rarität. „Eine völlig neue Situation“, gab Junuzovic zu, der höflichst ersuchte, nicht über seinen Verein Werder Bremen sprechen zu müssen. Ad Österreich: „Unser Ehrgeiz ist ungebremst, wir bleiben hungrig.“Gekickt wird am Freitagabend (20.45 Uhr) im Gradski-Stadion, es ist klein, die Atmosphäre dicht, 11.000 Zuschauer dürfen rein. Die Partie gegen Russland wurde aufgrund von Ausschreitungen abgebro- chen und zugunsten der Russen strafverifiziert. Montenegro musste gegen Liechtenstein vor Geistern antreten, steht unter strenger Beobachtung der Uefa minus Platini. Junuzovic: „Sie sind kreativ und individuell stark. Sie sind aggressiv, haben ein paar schmutzige Tricks auf Lager. Doch wenn wir uns davon nicht ablenken lassen und unser Spiel durchziehen, können wir gewinnen.“
Fuchs widersprach nicht, er ließ sich über sein Vereinsleben befragen, schließlich hat er die erste Premier-League-Partie für Leicester City bestritten. Norwich wurde 2:1 geschlagen. „Ich bekam gute Kritiken. Ein Endlich-Gefühl hat sich eingestellt.“
Montenegros Teamchef Branko Brnovic wird wohl auf seinen Topstar Stevan Jovetic verzichten müssen, der Oberschenkel des Stürmers ist blessiert. ÖFB-Präsident Leo Windtner hinterlässt keinen entspannten Eindruck, das hat mit Fifa und Uefa, mit Blatter und Platini zu tun. Einen Abgang von Koller nach der EM befürchtete er offiziell nicht. „Wir lassen uns von außen keinen Druck machen, Gerüchte sind egal.“In Podgorica könnte ein Rekord fallen, der achte Pflichtspielsieg in Serie erreicht werden. Koller: „Rekorde sind nur Nebeneffekte.“
Am Montag in Wien gegen Liechtenstein steigt als Nebeneffekt die rauschende Abschlussparty. Windtner dürfte sich entspannen. Auch ein Nebeneffekt. p Liveticker ab 20.45 Uhr auf
derStandard.at/Sport