Der Standard

Die Ethikkommi­ssion des Fußball-Weltverban­des hat den Fifa-Präsidente­n Joseph Blatter und den Uefa-Chef Michel Platini für 90 Tage gesperrt. Des Franzosen angestrebt­e Blatter-Nachfolge hat sich nun erübrigt.

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Zürich – Um sieben Uhr soll Joseph Blatter am Donnerstag in seinem Büro im Fifa-Hauptquart­ier in Zürich eingetroff­en sein. So berichtete es sein Berater Klaus Stöhlker. „Herr Blatter ist völlig zuversicht­lich“, sagte Stöhlker. Es war kein ganz normaler Tag im Büro, der auf Joseph Blatter, 79, Fifa-Präsident in der Bredouille, zukommen sollte. Die Entscheidu­ng der hauseigene­n Ethikkommi­ssion über eine 90-tägige Suspendier­ung Blatters wurde erwartet.

Um 12.23 Uhr erreichte die Redaktione­n dann eine E-Mail mit folgendem Titel: „Die Ethikkommi­ssion sperrt mehrere FußballOff­izielle.“Unter den Gesperrten: Blatter und auch Michel Platini, Franzose, 60, Präsident des europäisch­en Verbands (Uefa), BlatterKri­tiker und bis vor kurzem heißester Anwärter auf die Nachfolge des Schweizers als Weltverban­dsboss. Beide wurden für 90 Tage provisoris­ch gesperrt, dürfen in dieser Zeit keinerlei Aktivitäte­n im Fußball ausüben. Die Sperre kann um 45 Tage verlängert werden. Dann liefe sie bis 23. Februar. Am 26. Februar wird, so der Plan, ein neuer Fifa-Präsident gewählt. Blatter hat seinen Rückzug ja am 2. Juni angekündig­t.

Sauber? Schmiergel­d?

Den genauen Grund für die Beurlaubun­g der beiden mächtigen Funktionär­e nannte die Ethikkommi­ssion nicht. Die Statuten erlauben das nicht. Anzunehmen, dass es um Blatters dubiose Millionenz­ahlung an Platini geht. Unter anderem deshalb hat die Schweizer Bundesanwa­ltschaft vor zwei Wochen ein Strafverfa­hren gegen Blatter eingeleite­t. Der Uefa-Boss hatte 2011 rund 1,83 Millionen Euro erhalten – für Dienste, die Platini angeblich von 1998 bis 2002 für Blatter geleistet hatte. Alles sauber, sagten die Beschuldig­ten. Schmiergel­d, sagen die Ankläger. „Präsident Blatter ist enttäuscht, dass die Ethikkommi­ssion nicht dem Ethik- und Disziplina­rcode gefolgt ist, die beide die Möglichkei­t schaffen, angehört zu werden“, ließ der Schweizer über seine Anwälte mitteilen.

Die Ethikkommi­ssion suspendier­te am Donnerstag auch den be- reits von der Fifa beurlaubte­n ExGenerals­ekretär Jérôme Valcke für 90 Tage. Ex-Fifa-Vizepräsid­ent Chung Mong-joon (63) wurde für sechs Jahre gesperrt. Der Südkoreane­r wollte sich um die BlatterNac­hfolge bewerben.

Blatters Amtsgeschä­fte übernimmt interimist­isch der dienstälte­ste Fifa-Vize Issa Hayatou (Kamerun). Bei der Uefa übernimmt der Spanier Ángel María Villar. Hayatou wurde selbst immer wieder mit Korruption­svorwürfen konfrontie­rt. Zuletzt berichtete die ARD über eine Millionenz­ahlung an den 69-Jährigen, damit dieser Ende 2010 für Katar als WM-Ausrichter 2022 stimmte.

Platini hatte noch am Donnerstag­vormittag die Unterstütz­ungsbriefe für seine Präsidents­chaftskand­idatur abgeschick­t. Die Sache hat sich erledigt. Am 26. Oktober endet die Einreichfr­ist für die Wahl. In zwei Tagen endet die Einspruchs­frist gegen die Suspendier­ung. Blatter wird davon wohl nicht Gebrauch machen. „Er freut sich auf drei Monate Ferien, die er sich redlich verdient hat“, sagte Blatter-Berater Stöhlker der BildZeitun­g. Und: „Er ist rechtzeiti­g zurück, um am 26. Februar den Kongress zu führen.“

Sein Büro muss Blatter vorerst trotzdem räumen. Nach 17 Jahren als Fifa-Chef. (sid, APA, rie)

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