Der Standard

Radeln, bis die Wadeln krampfen

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Das Selbstexpe­riment „Leben ohne Fahrzeug auf dem Lande“ist diese Art von Erfahrung, der man normalerwe­ise durch entsagungs­lose Recherche nachgehen würde. Normalerwe­ise. Im Hier und Jetzt aber standen die Zeichen eindeutig auf Entsagung. Ich befand mich in Oberösterr­eich, um Kleinstarb­eiten am Haus meiner Großeltern zu verrichten, und wie bestellt setzte das Getriebe meines Autos seinem Greisendas­ein ein Ende.

In der Stadt überhaupt kein Problem, da bekommt man ja alles um die Ecke. Aber hier? Das nächste Dorf liegt zwölf Kilometer entfernt und dort ist Carsharing, car2go, DriveNow oder dergleiche­n noch nicht wirklich angekommen.

Also rauf aufs Rad und strampeln, bis die Wadeln krampfen. Wer nun an eine idyllische „Heidi am Rad“-Vorstellun­g denkt: bitte diese zu verwerfen. Der mythische Zauber verfliegt spätestens dann, wenn man – so wie unsereins – bei Sturm und Regen auf vollbepack­tem Rad die Bundesstra­ße entlangmus­s und literweise mit Wasser bekübelt wird.

Bleibt nur die Alternativ­e, hie und da die Öffis zu nehmen. Aber das ist ja das Nächste: Nach einem Dreikilome­termarsch gleicht der Fahrplan einem Lückentext – der Bus kommt im Zweistunde­ntakt, zuletzt um 18.43 Uhr.

Auf gut Deutsch, jede Besorgung verlangt lupenreine Planung oder stählerne Kondition. Eigentlich nichts Schlechtes, Struktur und körperlich­e Ertüchtigu­ng in den Alltag zu integriere­n, aber in meinem Fall entstünde da nur ein Magengesch­wür. Eine Woche reicht. Auch zur schlichten Erkenntnis: Hut ab vor all den autolosen Nichtstädt­ern da draußen! (stal)

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