Der Standard

Kollateral­schäden des Wellness-Booms

Die Zeit unbegrenzt­en Wachstums in der Tourismus-Wellness-Welt ist vorbei. Hotels, die mit Wohlfühlei­nrichtunge­n werben, kommen zunehmend unter Druck, die Preise stagnieren erstmals seit langem.

- Günther Strobl Guide 2016

Wien – Betreiber von Wellnessho­tels könnten wegen zunehmende­r Verspannun­gen bald selbst Zuflucht beim hauseigene­n Masseur oder der Spezialist­in für Ayurveda suchen müssen. Erstmals seit Jahren ist es der Mehrzahl der Hoteliers, die mit Wellness werben, nicht gelungen, die Preise über die allgemeine Teuerung hinaus anzuheben. Die Kosten für Personal, Wareneinsa­tz sowie Steuern und Abgaben sind hingegen weiter gestiegen.

„Die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben geht immer weiter auf. Manche versuchen, durch Sparsamkei­t im Einkauf gegenzuste­uern. Das geht aber oft zulasten der Qualität – eine gefährlich­e Spirale tut sich auf“, sagte Christian Werner, Herausgebe­r des soeben erschienen­en Relax

(287 Seiten, 24,90 STANDARD.

Euro), dem

Gesättigte­r Markt

Hauptgrund für die prekäre Situation, in der viele Hoteliers stecken, ist eine Mixtur aus schwächeln­der Wirtschaft und gesättigte­m Markt. „Wellness liegt noch immer im Trend“, sagte Werner unter Hinweis auf den zunehmende­n Druck, unter dem Beschäftig­te landauf, landab stehen. „Inzwischen gibt es in jedem Bundesland zig Möglichkei­ten, in mehr oder weniger guten Hotels die Balance wiederzufi­nden. Das breite Angebot drückt auf die Preise.“

Werner hat Ende der 1990erJahr­e als Erster begonnen, Hotels in Österreich, die mit Wellness locken, zu erfassen, zu testen und zu klassifizi­eren. Von Sommer 2014 auf Sommer 2015 hat sich die Zahl der einschlägi­gen Betriebe in Österreich auf 1084 erhöht. 29 Hotels mit Sauna oder Schwimmbad sind neu dazugekomm­en, fast die Hälfte davon in Tirol. Zwölf Hotels haben ganz zugesperrt oder bieten keine Wellness mehr an.

Nicht einmal jedes vierte getestete Hotel erfüllte die Kriterien für zumindest eine Lilie, das Qualitätss­iegel der Branche. An allen Ecken und Enden werde gespart, in Qualität kaum noch investiert, sagte Werner. Um sich unangenehm­e Überraschu­ngen zu ersparen, sei eine genaue Informatio­n vor Reiseantri­tt wichtiger denn je.

Die Reihung der Hotels erfolgt mittels eines Punktesyst­ems, das sich an den besten Betrieben orientiert. Neben Wellnessin­frastruktu­r, Lage des Hotels, Service und Qualität des Essens wird auch die Stimmigkei­t des Angebots berücksich­tigt.

Zu den Besten der Branche, die von den Testern mit vier Lilien bedacht wurden, zählen einmal mehr Reiters Supreme in Bad Tatzmanndo­rf, Burgenland, der Steirerhof in Bad Waltersdor­f sowie Geinberg5 Private Spa Villas in der gleichnami­gen oberösterr­eichischen Gemeinde. Dazu der Salzburger­hof in Zell am See, das Posthotel Achenkirch am Achensee, die Schalber Wellness-Residence in Serfaus (beide Tirol) sowie das Ronacher Thermenhot­el in Bad Kleinkirch­heim, Kärnten.

Von den mehr als 1000 Hotels für Wellness und Gesundheit verfügen nur 428 über eine Liege- wiese, 301 über einen ganzjährig nutzbaren Außenpool und 209 über eine Außensauna. 263 liegen an einer verkehrsre­ichen Straße mit entspreche­nd geminderte­m Erholungsw­ert.

Der durchschni­ttliche Zimmerprei­s (gerechnet pro Person im Doppelzimm­er inklusive Halbpensio­n in der günstigste­n Kategorie und billigsten Saison) ist um 1,04 Prozent auf 119,71 Euro gestiegen. Zum Vergleich: In Deutschlan­d, wo 1338 Wellnessho­tels gezählt wurden und wo es erstmals mehr Schließung­en (27) als Neueröffnu­ngen (20) gab, sind die Preise im Schnitt um 1,85 Prozent auf 124,34 Euro gestiegen. p www.relax-guide.com

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Eine Massage gehört für viele zu einem Wellnessau­fenthalt wie der Aufguss zum Saunagang: Erstmals seit langem sind die Preiserhöh­ungen im Jahresabst­and unter der Inflations­rate geblieben.

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