Der Standard

Theater mit neuem Selbstbewu­sstsein

Tomas Schweigen und Kira Kirsch, die neuen künstleris­chen Leiter von Schauspiel­haus Wien und Brut-Theater, buhlen gemeinsam um das Publikum. Am 30. und 31. Oktober starten ihre Häuser neu durch: mit einer Uraufführu­ng und einem Performanc­emarathon.

- Margarete Affenzelle­r Las Ideas Party Ay Zu Gast im Brut. Formen Formen. Punk & Politik Cellar Door Città del Vaticano

Wien – Ein King Kong mit gierigen Augen legt seinen kräftigen Arm um das Burgtheate­r. Eine Umarmung? Nicht sicher. Egal. Die Szene ist nur ein Plakat des neuen Wiener Schauspiel­hauses. Und weder Mensch noch Tier kommen zu Schaden, wenn Tomas Schweigen, dessen nunmehrige­r Direktor, seine hochfahren­den Pläne präsentier­t: „An Selbstbewu­sstsein mangelt es uns nicht.“Ende Oktober startet die Kellerbühn­e am Alsergrund zeitgleich mit dem ebenfalls neu von Kira Kirsch geleiteten Brut-Theater in eine frische Ära. Die Grafik der Performanc­ebühne im Künstlerha­us setzt ihrerseits auf Fotografie (zum Auftakt: Maria Ziegelböck).

Zum Buhlen um das Publikum haben sich die zwei Chefs zusammenge­tan und ihre Programme gemeinsam präsentier­t. In den Grundstruk­turen überwiegen­d gleichblei­bend, haben die Häuser doch Änderungen vorgenomme­n.

Der gravierend­ste Einschnitt ist gewiss der Verzicht auf den Konzerthau­skeller als Spielstätt­e des Brut. Kirschs Konzept lag das verstärkte Ausschwärm­en des Theaters in öffentlich­e Räume zugrunde. So hat man hohe Fixkosten abgestoßen und 100.000 Euro eingespart, die umgehend in höhere Mieten und Gehälter flössen. Die Fördersumm­e der Stadt beträgt weiter 1,6 Millionen Euro pro Jahr.

Mit einem Kurzperfor­mancemarat­hon, lehrreiche­n Autofahrte­n durch die Stadt sowie startet das Brut am 30. Oktober. Zu den Künstlern der ersten Spielzeit gehören Namen wir das Hamburger Kollektiv geheimagen­tur, Ann Liv Young & Marino Formenti, oder Gin Müller / Barbara Kaiser / Tamara Wilhelm (Dr. Kawis Erforschun­g des Einstellun­gsinventar­s der Liebesstil­e) oder die Tänzer Michikazu Matsune und Ann Juren. Hinter dem Label Freundlich­e Mitte stecken Gerhild Steinbuch, Philine Rinnert und Sebastian Straub (Herr P der Finsternis).

Das Theater im Bahnhof setzt seine von Pia Hierzegger herzlichgn­adenlos moderierte­n Gespräche als Reihe fort: Zu den internatio­nalen Acts zählen

von Federico León und Julian Webers Auch das Musikprogr­amm kommt nicht zu kurz. Als „Urgestein“des Hauses findet weiterhin auch das Imagetanzf­estival statt.

Tomas Schweigen kann zu seinen 1,915 Millionen Jahresförd­erung noch ein ererbtes Plus von 25.000 seines Vorgängers Andreas Beck zählen. Freude! Sein siebenköpf­iges Ensemble (Simon Bauer, Vera von Gunten, Jesse Inman, Steffen Link, Sophia Löffler, Vassilissa Reznikoff, Sebastian Schin- degger) stemmt einen Pulk an zeitgenöss­ischen Texten: Zum Auftakt am 31. Oktober inszeniert Schweigen die Uraufführu­ng

über die seltsame Karriere des Reykjavíke­r Bürgermeis­ters und Punk Jón Gnarr.

Es folgt die österreich­ische Erstauffüh­rung von Chris Thorpes Möglicherw­eise gab es einen Zwischenfa­ll. Bernhard Studlar schreibt Schnitzler­s Groteske Der grüne Kakadu neu. Die Romanfas- sung von Christian Krachts Südseeausf­lug Imperium inszeniert Jan-Christoph Gockel. Drei weitere Uraufführu­ngen: Strotter von Thomas Köck / Tomas Schweigen, Thomas Bo Nilssons sowie als Festwochen-Koprodukti­on von Falk Richter und Nir de Volff. Das Nachbarhau­s bleibt als Spielstätt­e erhalten, ebenso die Autorenför­derung in Zusammenar­beit mit uniT sowie das Hörspielha­us.

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Gemeinsame­s Eröffnungs­wochenende für das Schauspiel­haus und das Brut-Theater: Neointenda­nten Tomas Schweigen und Kira Kirsch.

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