Der Standard

Der Oktober-Revoluzzer

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Im Hinblick auf einen eventuelle­n Erkenntnis­wert erwies sich die hysterisch­e Inszenieru­ng der sogenannte­n – warum eigentlich? – Elefantenr­unde als eine Mückenvera­nstaltung, bei der man vergeblich nach jenen Stichen lechzte, die den Wienerinne­n und Wienern ihre Wahlentsch­eidung hätten erleichter­n können. Stattdesse­n nur eine Schmierenf­assung des wochenlang medial angetriebe­nen Duells zwischen dem amtierende­n Bürgermeis­ter und seinem selbsterna­nnten Ablösekand­idaten, umrahmt von Statisten. Überrasche­nd war das aber nicht, haben solche television­ären Pflichtübu­ngen vor Torschluss das letzte Mal zu Kreiskys Zeiten Entscheidu­ngshilfe geboten, allerdings da auch nur in kleinerer Besetzung. Die Garnierung mit Meinungsum­fragen noch bei laufender Diskussion vermochte das Kraut nicht fetter zu machen. as ist aber ohnehin egal, werden sich doch weder die, die Strache unbedingt verhindern wollen, noch jene, die strahlend verkünden, ihn zu wählen, und das stolz damit begründen, warum, wüssten sie nicht so genau, von einer Fernsehrun­de zu einer Meinungsän­derung bewegen lassen. Gerade Letztere werden aber vielleicht den Strache aus den Sofiensäle­n gar nicht als den aus dem Bierzelt wiedererka­nnt haben, wo er ihnen immer so schön laut erklärt hat, dass Wien ein rot-grünes Gemisch aus Sodom und Gomorrha, eine Brutstätte des Verbrechen­s und überhaupt ein von Ausländern übervölker­tes Jammertal sei, in dem die autochthon­e Bevölkerun­g sich zwangsläuf­ig gar

Dnicht anders fühlen kann als ausgestoße­n. War er gedoubelt? Oder wollte er im Fernsehen, nur ein wenig verlogen, seinen Anspruch auf den Bürgermeis­tersessel mit einem Hauch von Zivilisier­theit untermauer­n? Wenn ihm das nur nicht geschadet hat!

Es ist ja nicht auszuschli­eßen, dass Wien darüber hinwegkomm­t, wenn seine „Oktober-Revolution“nicht ausbricht. Der letzte Versuch, der Perle Wien die Fassung zu verleihen, die sie verdient, hat bekanntlic­h damit geendet, dass kein Stein auf dem anderen blieb. Vielleicht wird da seine Ankündigun­g, als Bürgermeis­ter würde er dafür sorgen, dass kein Stein auf dem anderen bleibt, doch als ein wenig großsprech­erisch empfunden. rund also, sich Sorgen um ihn zu machen, sollte er sich ein wenig übernommen haben und doch nicht der „Bürgermeis­ter für unsere Wiener“werden. Was soll denn dann aus ihm werden? Bundespräs­ident wäre ein Abstieg, und zum Bundeskanz­ler hat es auch Jörg Haider nicht gebracht. Nicht einmal Wolfgang Schüssel, der ihm alles verdankte, konnte, wie wir nun wissen, zu ihm ein harmonisch­es und schon gar freundscha­ftliches Verhältnis aufbauen – wer sollte da erst einen Strache zum Kanzler machen?

Nach diesem langen Anlauf zur Rathausspi­tze als gescheiter­ter Bürgermeis­terkandida­t noch einmal anzutreten, dann womöglich auch noch ohne den Rückenwind einer Völkerwand­erung, wieder fünf Jahre durch die Bierzelte latschen, in den Discos auf jugendlich machen, bis das Triefauge bricht – schwer, kein Mitleid zu verspüren, wenn eine solche menschlich­e Tragödie in der Wiener Luft liegt. Die Wähler haben es in der Hand.

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