Der Standard

Gefährlich­es Dumping

- Gerald John

Neun Bauordnung­en, neun Pflegegese­tze, neun Lehrersyst­eme: Die Auswüchse des heimischen Föderalism­us wurden viel beklagt, aber nie beseitigt. Es gibt sogar Stimmen, die mehr davon wollen – etwa auch neunfache Steuerrege­ln für überregion­al tätige Unternehme­n. ÖVP-Politiker fordern eine Steuerauto­nomie für die Bundesländ­er, eine Studie des wirtschaft­sliberalen Thinktanks Agenda Austria bietet argumentat­ives Unterfutte­r.

Die Grundidee hat eine gewisse Logik. Statt sich ihre Kassen bequem vom Bund auffüllen zu lassen, sollen die Länder ihre Steuern selbst einheben, um mit dem Geld sorgsamer umzugehen. Im begrenzten Rahmen kann das funktionie­ren, etwa wenn Gemeinden die Grundsteue­r anheben dürften, um Kindergärt­en zu finanziere­n. Immobilien können ja nicht zu Steuerflüc­htlingen werden.

Auf Unternehme­nssteuern angewandt, droht die Autonomie aber einen gefährlich­en Wettbewerb um die günstigste­n Tarife auszulösen. Warum, lässt sich quer durch die EU beobachten: Mit immer neuen Steuerzuck­erln haben kurzsichti­ge Regierunge­n gelockt, sodass selbst milliarden­schwere Konzerne nur mehr einen Pappenstie­l an Steuern zahlen; zum großen Schaden der gesamten Gemeinscha­ft, der die öffentlich­en Einnahmen wegbrechen. Die EU versucht aus guten Gründen, dem Treiben mit Mindeststa­ndards einen Riegel vorzuschie­ben – da sollte Österreich kein neues Laboratori­um für Steuerdump­ing eröffnen.

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