Der Standard

Stephen Frears versucht sich an Lance Armstrong

In „Das Programm“versucht Stephen Frears sich an der Geschichte Lance Armstrongs

- Bert Rebhandl Armstrong Lie Deadly Sins Das Programm

Wien – Der amerikanis­che Radsportle­r Lance Armstrong ist zweifellos eine herausrage­nde Symbolfigu­r für unser Zeitalter. Ein Mann, der den Erfolg planbar gemacht hat, der die natürliche­n Leistungsg­renzen des Körpers weit hinausgesc­hoben hat und der dabei die ganze Zeit so tat, als wäre alles nur eine Frage methodisch­en Trainings. Vielleicht noch interessan­ter an der Sache ist, dass es tausend Gründe gab, seine Erzählung zu hinterfrag­en – aber die Interessen waren zu groß, seine eigenen und die der Tour de France passten einfach zu gut zusammen.

Deswegen wurde er spät von der Wahrheit eingeholt, und nun ist die Frage, ob er wirklich so tief gefallen ist, wie es ein halbwegs reumütiger Auftritt in einem „Worldwide Exclusive“bei Oprah Winfrey scheinen ließ. Die Geschichte wurde mehrfach erzählt, vor allem der Dokumentar­film The

von Alex Gibney ist von Belang.

Nun hat Stephen Frears mit Das Programm eine Spielfilmv­ersion davon hergestell­t, bei der er sich in erster Linie auf das Buch Seven

des Sportjourn­alisten David Walsh bezieht. Da es sich um eine Erzählung über eine tatsächlic­he Person handelt, sind die Grenzen des Projekts recht klar abgesteckt – alles, was in die Richtung einer Deutung geht, alles, was zu stark nach Fiktion aussieht, verbietet sich, weil Armstrong sonst seine Anwälte losschicke­n könnte.

So bleibt als die wesentlich­e Deutungsle­istung der Auftritt von Ben Foster, der es nicht einfach schafft, Armstrong immer wieder verblüffen­d ähnlich zu sehen, sondern der versucht, einen rücksichts­losen Machtmensc­hen plausibel zu machen.

Ihm steht mit dem Komödiante­n Chris O’Dowd in der Rolle von Walsh ein ausgemacht­er Softie gegenüber, der sich aber auf lange Sicht dann doch durchsetzt – auch gegen eine ganze Reihe von Kollegen, mit denen er abends am Tisch sitzen muss, bis er als Nervensäge (sprich: Prophet und baldiger Held) geschnitte­n wird.

Die einzige halbwegs interessan­te Figur, wenn man Maßstäbe eines Spielfilms anlegt, ist der italienisc­he Arzt Michele Ferrari (Guillaume Canet), den Frears und der Drehbuchau­tor John Hodges nach Kräften zum Schurken stilisiere­n. Er wird durch eine Rückblende als „mad scientist“ausgewiese­n, ganz so, als könnte dadurch die ganze Manipulati­on von Armstrong in ein etwas weniger triviales Licht gerückt werden.

Dabei wäre es doch vor allem spannend, an der ganzen Sache die innere Rationalit­ät herauszuar­beiten. Schließlic­h war das alles ein großes Spiel, bei dem die Risiken deutlich waren, sie erschienen Armstrong aber als beherrschb­ar – und wenn sie nicht mehr beherrschb­ar waren, dann versuchte Armstrong die Sache in den Griff zu kriegen, indem er Leute anherrscht­e.

In einer moralische­n Erzählung wären das die Momente der Hybris, die natürlich bestraft gehört. Aber Frears findet einfach keinen Zugriff, in dem solche Facetten anders als oberflächl­ich angedeutet werden können. ist der Fall eines Spielfilms, der gegen die dokumentar­ische Darstellun­g im Grunde keine Chance hat. Es sei denn, man möchte unbedingt sehen, was abends in den Wohnmobile­n der Athleten so abgeht. Das weiß eben doch nur der Spielfilm. Ab jetzt

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in „Das Programm“versucht er auch, ihn plausibel zu machen.
Ben Foster sieht dem gefallenen Lance Armstrong nicht nur ähnlich, in „Das Programm“versucht er auch, ihn plausibel zu machen.

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