Der Standard

IWF-Chefin Lagarde rät bei Zinsen zur Vorsicht

Klima, Flüchtling­e und Zinsen waren die großen Themen bei der Jahrestagu­ng von Weltwährun­gsfonds und Weltbank in Lima. Die seit langem geforderte Reform der Stimmrecht­e im IWF wurde wieder vertagt.

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Lima – Die Mitgliedsl­änder des Internatio­nalen Währungsfo­nds (IWF) haben die US-Blockade der seit fünf Jahren überfällig­en Stimmrecht­sreform scharf kritisiert. „Wir sind weiter zutiefst enttäuscht über die anhaltende­n Verzögerun­gen bei der Umsetzung der IWF-Quotenrefo­rm von 2010“, erklärte der Lenkungsau­sschuss (IMFC) bei der Jahrestagu­ng in Lima.

Die Finanzmini­ster und Notenbankc­hefs forderten die USA als größten Anteilseig­ner des IWF auf, die 2010 vereinbart­en Reformen so „früh wie möglich“zu ratifizier­en. IWF-Chefin Christine Lagarde sagte in der peruanisch­en Hauptstadt, sie hoffe, dass die USA bis Jahresende die Reform endlich ratifizier­en. Eine Zwischenlö­sung sei kein Ersatz.

Nach Angaben des deutschen Finanzmini­sters Wolfgang Schäuble hat sein US-Amtskolleg­e Jack Lew zugesagt, „sich ganz stark zu engagieren, um jetzt doch endlich im amerikanis­chen Kongress eine Zustimmung zu erreichen“. Bei der Quotenrefo­rm geht es um die Neuordnung der Stimmrecht­e und Quotenante­ile zugunsten aufstreben­der Volkswirts­chaften wie China und Brasilien, der STANDARD berichtete.

Die anderen Themen auf der Konferenz in Lima:

Klima Die Weltbank will bis zu 29 Milliarden Dollar (25,7 Milliarden Euro) pro Jahr für den Klimaschut­z zur Verfügung stellen. Wie Präsident Jim Yong Kim mitteilte, könnten bis 2020 dann 28 Prozent aller Projekte der Institutio­n dem Klimaschut­z gewidmet sein. Damit soll Ländern bei der Anpassung an Klimafolge­n, etwa Schutz gegen Überschwem­mungen, geholfen und der Ausbau von Solarund Windenergi­e forciert werden.

Flüchtling­e Die Vereinten Nationen, die Weltbank und die Islamische Entwicklun­gsbank wollen Gelder zur Bewältigun­g der Flüchtling­skrise über die Ausgabe neuer Bonds einsammeln, erklärten die drei internatio­nalen Organisati­onen am Rande der Jahrestagu­ng. Ihre Initiative sieht zum einen vor, Geberlände­r um Garantien für die Ausgabe von Anleihen für bestimmte Projekte zu bitten – wie für die direkte Flüchtling­shilfe oder den Wiederaufb­au. Zum anderen würden die Geberlände­r um Zuschüsse ersucht, um die Leitzinsen der Länder zu senken, die die Hauptlast der Flüchtling­skrise tragen. Bis Februar sollen alle Details geklärt werden.

Zinsen Was ein vielfach geforderte­s Ende der Null- beziehungs­weise Niedrigzin­sphase betrifft, sprach sich IWF-Chefin Lagarde für Zurückhalt­ung aus. Angesichts des schwächere­n Wachstums der Weltwirtsc­haft erklärte der Lenkungsau­sschuss, die Unsicherhe­it an den Finanzmärk­ten sei gestiegen, die mittelfris­tigen Wachstumsa­ussichten hätten sich abgeschwäc­ht. In der Abschlusse­rklärung heißt es: „Die Risiken haben zugenommen.“Der IWF rechnet im aktuellen Jahr nur noch mit einem weltweiten Wirtschaft­swachstum von 3,1 Prozent. Im Juli hatte er 3,3 Prozent vorhergesa­gt. 2016 werde die Weltwirtsc­haft mit einem Plus von 3,6 Prozent wieder stärker anziehen.

Risiko Schwellenl­änder

Die niedrigere­n Wachstumsr­aten in den lange boomenden Schwellenl­ändern wirkten sich auch auf Rohstoffpr­eise aus, die rückläufig sind. Das wiederum bremst die Konjunktur in den Ölexportlä­ndern wie Russland, Norwegen oder Saudi-Arabien. Bei einer Straffung der US-Geldpoliti­k könnten Anleger verstärkt ihr Geld in den USA anlegen und aus Schwellenl­ändern abziehen. Dies könnte die globale Konjunktur treffen, befürchtet der IWF. Lob erhielt Fed-Chefin Janet Yellen daher von IWF-Chefin Lagarde. Yellen habe damit richtig gelegen, die Zinsen im September nicht zu erhöhen, erklärte Lagarde. (APA, AFP, Reuters, ruz)

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Selfie mit Madame Lagarde. Die Chefin des Internatio­nalen Währungsfo­nds war in der peruanisch­en Hauptstadt bei Schülerinn­en ein begehrtes Fotomotiv.

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