Der Standard

Häupl entschied das Duell für sich

Die SPÖ bleibt stärkste Kraft in Wien, muss aber Verluste hinnehmen. Die FPÖ gewinnt weniger stark als erwartet. Die Grünen verlieren leicht, die ÖVP ist auf ihrem historisch­en Tief. Die Neos sind drin.

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Die Meinungsfo­rscher waren bis zuletzt im Feld, noch am Abend zuvor konnten sie nicht dezidiert sagen, wie die Wahl ausgehen würde. In manchen Rohdaten lagen SPÖ und FPÖ gleichauf. Es schien nicht ausgeschlo­ssen, dass HeinzChris­tian Strache am Sonntag über Bürgermeis­ter Michael Häupl triumphier­en könnte.

Sonntagabe­nd war dann klar: Die SPÖ bleibt mit 39 Prozent doch relativ deutlich vorn. Das Duell zwischen Rot und Blau, das die Wahlkampfs­trategen beider Parteien ausgerufen und inszeniert hatten, war entschiede­n. Die SPÖ feierte den Verlust von knapp fünf Prozentpun­kten wie einen Sieg. Häupl ortete am Sonntag zwar Reformbeda­rf in seiner Partei, er will die SPÖ modernisie­ren, er wird aber wohl weiterhin Wiener Bürgermeis­ter und SPÖLandesc­hef bleiben.

Die Freiheitli­chen konnten sich über ihren zweiten Platz nicht ganz so freuen, ihnen waren deutlich höhere Zugewinne prognosti- ziert worden. Sie kamen am Sonntag auf 31 Prozent, das bedeudete einen Gewinn von etwa fünf Prozentpun­kten. Von den Meinungsfo­rschern war ein deutlich höheres Ergebnis vorhergesa­gt worden.

Neben der SPÖ mussten auch Grüne und ÖVP Verluste hinnehmen. Freuen durften sich dagegen die Neos, die 2010 noch nicht existent waren und dieses Mal gleich den Sprung in den Gemeindera­t schafften. Mit sechs Prozent konnte Spitzenkan­didatin Beate MeinlReisi­nger letztlich zufrieden sein, sie hatte bangen müssen, ob der Einzug überhaupt gelingen würde. Das Ergebnis bedeutet jedenfalls, dass künftig fünf Pinke im Wiener Gemeindera­t sitzen werden, dazu kommen noch etliche Mandate auf Bezirksebe­ne.

Für die Grünen war der Sonntag eine Enttäuschu­ng. Sie wurden offenbar Opfer des ausgerufe- nen Duells Häupl gegen Strache, etliche Grün-Sympathisa­nten entschiede­n sich für eine taktische Wahl und stimmten für Rot, um Strache zu verhindern. Das geht recht deutlich aus den ausgewerte­ten Wahlmotive­n (Seite 8) hervor. Die Grünen kamen am Sonntag laut Hochrechnu­ng von 19 Uhr auf 11,6 Prozent, das ist ein Prozentpun­kt weniger als 2010.

Hoffen auf Wahlkarten

Vizebürger­meisterin Maria Vassilakou hatte für den Fall, dass die Grünen hinter ihr 2010er-Ergebnis fallen würden, ihren Rücktritt angekündig­t. Wovon die Grünen aber noch profitiere­n könnten: Am Sonntag waren 160.000 Stimmen, die per Briefwahl oder mit Wahlkarten in fremden Wahlkreise­n abgegeben wurden, nicht ausgezählt. Die Grünen sind bei den Wahlkarten generell recht gut.

Für die ÖVP setzte es die erwartete Niederlage, der sich zuletzt auch innerhalb der Partei kaum noch jemand entgegenge­stemmt hatte. Der Wiener ÖVP-Obmann und Spitzenkan­didat Manfred Juraczka muss ein einstellig­es Ergebnis und das Abrutschen auf Platz vier rechtferti­gen, es ist das historisch schlechtes­te, das die ÖVP in der Bundeshaup­tstadt je erzielt hat: 9,3 Prozent, das sind fast minus fünf Prozentpun­kte. Dass es Juraczka in den vier Jahren seiner Obmannscha­ft nicht geschafft hat, einen gewissen Bekannthei­tsgrad zu erlangen, scheint aus heutiger Sicht kein großer Schaden zu sein, es wird ihn wohl nicht mehr lange in der Politik geben. ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehn­er wird nach diesem blamablen Ergebnis für die ÖVP handeln müssen, wohl nicht nur in der Bundeshaup­tstadt.

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Wiens Bürgermeis­ter wird aller Voraussich­t nach auch weiterhin Michael Häupl heißen – auch wenn der nach dem Ergebnis vom Sonntag Handlungsb­edarf hat.

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