Stimmenstärkste in Wien wieder im Vorteil
Wieder billige Grundmandate nach Scheitern der rot-grünen Wahlrechtsreform
Frage: Wer durfte am 11. 10. wählen? Antwort: Den Landtag – zugleich Gemeinderat in Wien – durften Österreicher ab 16 Jahren mit dem Hauptwohnsitz in Wien wählen: 613.543 Frauen und 530.967 Männer. Zur Wahl der Bezirksvertretungen waren auch Bürger anderer EU-Staaten mit Hauptwohnsitz in Wien zugelassen – zusätzlich 184.235 Personen.
Frage: Bis wann war oder ist die Briefwahl möglich? Antwort: Wahlkarten mussten spätestens Sonntag, 17 Uhr, bei der zuständigen Bezirkswahlbehörde einlangen. Der Rekord von 2010, als fast 156.000 Wahlkarten beantragt worden waren, wurde heuer weit übertroffen. Genau 203.874 Personen beantragten Wahlkarten. Mehr als 83.500 erledigten dies online. Die Briefwahlstimmen werden am Montag ausgezählt, daher liegt dann erst in der Nacht auf Dienstag das Wahlergebnis vor.
Frage: Welche Besonderheiten gelten im Wiener Proporzsystem? Antwort: Laut Stadtverfassung haben zwar alle im Gemeinderat vertretenen Parteien „nach Maßgabe ihrer Stärke“Anspruch auf Regie- rungsposten, doch sind nicht alle mit Macht verbunden, daher wird zwischen „amtsführenden“und „nicht amtsführenden“Stadträten unterschieden. Wer amtsführender Stadtrat mit eigenem Ressort wird, entscheidet die Mehrheit im Gemeinderat. Nicht amtsführende Stadträte haben keinen eigenen Geschäftsbereich, dürfen aber Stadtsenatssitzungen beiwohnen. Die Zahl der Stadträte (neun bis 15) entscheidet der Gemeinderat. Erreicht die zweitstärkste Partei mehr als ein Drittel der Mandate, steht ihr selbst als Oppositionspartei ein Vizebürgermeister zu, der wie die nicht amtsführenden Stadträte kein Budget hat.
Frage: Wie funktioniert die Mandatsvergabe? Antwort: Im Gemeinderat beziehungsweise im Landtag werden 100 Sitze vergeben. Im ersten Schritt geht es um die 18 Wahlkreise, in die Wien unterteilt ist. Sie sind – bis auf Ausnahmen, wo kleine Bezirke zusammengefasst sind – mit den Bezirken ident. In den Wahlkreisen werden die sogenannten Grundmandate vergeben. Die Wahlzahl legt fest, wie viele absolute Stimmen man für je ein Grundmandat braucht. Sie wird ermittelt, indem die Anzahl der abgegebenen gültigen Stimmen nicht nur durch die Anzahl der zu vergebenden Grundmandate, sondern durch diese Zahl plus eins dividiert wird. Dieses „plus eins“war Kernpunkt der rot-grünen Wahlrechtsdebatte – es macht die Grundmandate „billiger“. Gibt es etwa zehn Mandate zu holen, braucht man dafür nicht zehn Prozent, sondern nur 9,09 Prozent der Stimmen. Viele Grundmandate gibt es in Flächenbezirken zu holen, wo die SPÖ traditionell stark ist. 2010 kostete ein Mandat für die SPÖ (49 Mandate) im Schnitt 6832 Stimmen, die FPÖ (27) noch 7204 Stimmen; ÖVP (13) und Grüne (11) über 8000 Stimmen.
Frage: Woran ist die Wahlrechtsreform gescheitert? Antwort: Die Grünen wollten mit ÖVP und FPÖ das erwähnte „plus eins“beseitigen (bzw. zumindest verringern). Sie verloren aber Mandatar Şenol Akkılıç an die SPÖ; es kam zur Pattstellung. Der zweite Schritt der Mandatsermittlung blieb unumstritten: Dabei werden die „Restmandate“zugewiesen – jene Gemeinderatssitze, die nicht schon durch Grundmandate vergeben worden sind.