SPÖ muss sich Koalitionspartner suchen
Die Neuauflage von Rot- Grün scheint in den nächsten fünf Jahren trotz Verlusten möglich, ebenso Rot- Schwarz. Blau- Schwarz geht sich nicht aus. Durch den Einzug der Neos ist auch eine Dreierkoalition möglich.
Zu Beginn des Wahlkampfs war es Bürgermeister Michael Häupls erklärtes Ziel: das Erringen der absoluten Mehrheit für die SPÖ. Dafür braucht die Partei wegen des komplexen Wahlsystems in Wien (siehe Frage und Antwort Seite 2) zwar nicht 50 Prozent der Stimmen, laut Umfragen war aber schon seit Monaten klar, dass es Häupl nicht gelingen wird, zu einer roten Alleinregierung zurückzukehren. Am Wahlabend wurde das mit vorläufig 39,5 Prozent bestätigt (Hochrechnung um 18 Uhr).
Nach dem Vorliegen der ersten Ergebnisse können am Wahlabend allerdings noch keine konkreten Aussagen über künftige Koalitionen getätigt werden. Die Neuauflage von Rot-Grün scheint aber möglich. Sie kommen gemeinsam auf 54 Mandate. Auch Schwarz-Rot würde sich ausgehen (51 Mandate). Blau-Schwarz hingegen wird sich nicht ausgehen. Die Parteien erreichen gemeinsam 41 Mandate.
Doch noch ist das Ergebnis mit Vorsicht zu genießen: Erst in der Nacht auf Dienstag werden alle Wahlkarten ausgezählt sein. In Wien wurden heuer mehr Wahlkarten als je zuvor ausgestellt, nämlich 203.874 Stück. Insgesamt sind in der Bundeshauptstadt 1,143.076 Menschen für die Gemeinderatswahl stimmberechtigt gewesen, mit jenen EU-Bürgern, die nur bei den Bezirksvertretungswahlen wählen dürfen, waren es 1,327.311 Menschen. Damit haben (inklusive Bezirksvertretungswahlen) 15,36 Prozent der Stimmberechtigten Wahlkarten angefordert.
Dreierkoalition mit Neos
Das bedeutet, dass sich die zu Redaktionsschluss dieser Ausgabe vorliegenden Ergebnisse noch ändern können. Vor allem der Einzug der Neos, der nach Stand der Hochrechnung von 18.00 Uhr gegeben scheint, macht es um einiges komplizierter. Bereits im Vorfeld hatten Politologen Dreierkoalitionen als durchaus realistische Varianten bezeichnet – entweder aus SPÖ, Grünen und Neos oder aus SPÖ, ÖVP und Neos. Beides würde sich nach jetzigem Stand ausgehen.
Die Parteien haben im Wahlkampf jedenfalls bereits ihre Präferenzen für Zusammenarbeiten durchblicken lassen:
SPÖ Bürgermeister Michael Häupl schloss eine Koalition mit der FPÖ kategorisch aus. Mit einer Partei, „die Kinder vor die Gewehre der IS-Terroristen zurückschicken will“, könne er nicht zusam- menarbeit, sagte Häupl etwa im STANDARD- Chat. Ob er eine Koalition mit der ÖVP oder den Grünen präferiere, ließ er bis zuletzt offen.
FPÖ Die Partei rund um HeinzChristian Strache prangert immer wieder an, ausgegrenzt zu werden. Und tatsächlich: Kaum einer will mit der FPÖ zusammenarbeiten. Nur die ÖVP schloss eine Koalition nicht aus. Diese wird sich aber nicht ausgehen. Damit wird es schwierig, einen Koalitionspartner zu finden. Die Blauen haben keine Präferenzen geäußert.
ÖVP Die Schwarzen gaben sich noch beim Finale des Wahlkampfs kämpferisch, wo sie ankündigten, Platz drei erreichen zu wollen. Nach Stand vor Redaktionsschluss wird sie aber nur noch auf Platz vier liegen. Die ÖVP kündigte im Wahlkampf optimistisch an, in die Regierung zu wollen – am liebsten mit der SPÖ als Partner.
Grüne Maria Vassilakou und ihr Team gingen mit einer klaren Ansage in den Wahlkampf: Sie wollen Rot-Grün fortsetzen. Auf Plakaten stand: „Wer Rot-Grün will, muss Grün wählen.“
Neos Zum ersten Mal dabei, könnten die Neos – sollten sie den Einzug tatsächlich schaffen – tatsächlich Teil einer Koalition werden. Sie kündigten an, Strache als Bürgermeister zu verhindern. Ansonsten sind sie für Dreierkoalitionen offen.
Das „Dilemma“der Neos ist laut Politikwissenschafter Peter Filzmaier, dass ihnen kein Regierungssitz zusteht: „Eine Regierung zu stützen, ohne selbst an der Macht zu sein, ist von endenwollendem Vergnügen.“Die anderen Parteien aber würden wohl gerne auf die Variante zurückgreifen, so der Politologe im ORF, sollte sich nichts anderes ausgehen.