Essen aus dem Gasthaus für zu Hause
Die Pizza vom Italiener, die Bentobox vom Asiaten: Immer mehr Österreicher holen sich Mahlzeiten im Lokal um die Ecke oder lassen sich Speisen nach Hause liefern. Das künftige Rauchverbot in der Gastronomie dürfte diesen Trend laut Marktforschung forcier
Wien – Der Herd in heimischen Haushalten bleibt zunehmend kalt. Stattdessen holen sich die Bewohner immer öfter fertige Speisen aus der Pizza um die Ecke, vom nahegelegenen Asiaten oder Burgerrestaurant oder lassen sich Essen per Lieferservice nach Hause zustellen. Essen im Wert von 578 Millionen Euro gelangten im Vorjahr auf diese Weise in die Mägen der österreichischen Bürger. Verglichen mit den Erlösen in der Gastronomie, die 2014 um insgesamt 3,2 Prozent stiegen, wuchs der Markt für „Home Meal Replacement“mit 6,1 Prozent fast doppelt so stark.
Erhoben wurde diese Zahlen im Rahmen einer Marktevaluierung für einen deutschen Lieferservice von Unternehmensberater Kreutzer Fischer & Partner (KFP). Untersucht wurde dabei auch, welche fremdgekochten Speisen auf Essoder Couchtischen bevorzugt landen. „Hier gibt es hinsichtlich der bevorzugten Gerichte deutliche Abweichungen zur Gesamtgastronomie“, sagt KFP-Chef Andreas Kreutzer fest. Denn 44 Prozent der abgeholten bzw. zugestellten Gerichte kamen aus der italienischen Küche (allen voran die Pizza), 31 Prozent aus der asiatischen. Bei 16 Prozent handelte es laut Studie um andere „Ethniks“, etwa Burger, neun Prozent war österreichische Kost. „Zumindest was den Markt für Home Meal Replacement betrifft, ist Österreich eindeutig mulitkulti“, stellt Kreutzer fest.
Auch wenn weniger zu Hause gekocht wird: Um die leeren Teller zu füllen, setzen sich die Hungrigen noch überwiegend selbst in Bewegung. 59 Prozent der auswärts bestellten Speisen werden selbst abgeholt. Lediglich in Wien und einigen Landeshauptstädten wird der größere Teil des außer Haus georderten Essens zugestellt. Wien ist der Hotspot des Marktes insgesamt. Bei einem Bevölkerungsanteil von 21 Prozent werden nahezu 39 Prozent der österreichweiten Erlöse generiert.
Kreutzer zufolge könnte das Verspeisen von Fremdgekochtem aber in den kommenden Jahren an Beliebtheit zunehmen. Konkret dann, wenn im Mai 2018 auch in Österreich das Totalrauchverbot in der Gastronomie in Kraft tritt. Infolgedessen könnte statt im Lokal vermehrt in den eigenen vier Wänden gegessen werden, um nicht auf das Zigaretterl danach verzichten zu müssen. Auch wenn der Anteil der Raucher unter 30 Prozent der Gesamtbevölkerung liege, gingen etwa die Hälfte der Lokalbesuche auf sie zurück.
Einen weiteren Faktor, der die Zustellung von Speisen fördern könnte, sieht der Marktforscher in verbesserten Lieferservices. Das Geschäftsmodell der etablierten Gastrozustelldienste griffe derzeit zu kurz. Denn diese verstünden sich lediglich als Buchungsplattformen und nähmen daher keinen Einfluss auf Speiseangebot, -qualität und Lieferzeit. Läge Letztere international bei maximal 30 Minuten, betrage die Zustellzeit in Wien durchschnittlich eine Stunde, auch weil die meisten Gastronomen das Außer-Haus-Geschäft lediglich als Ergänzung betrachteten. (kat)