Der Standard

Immer wieder macht es „bumm“

„God Waits at the Station“im Volx/Margareten

- Michael Wurmitzer God Waits at the Station,

Wien – Auf dem Boden ist eine Topografie aufgebaut (Paul Lerchbaume­r): sandige Landschaft, Hügel, Bäume, Häuser und ein Grenzverla­uf. Rot wie eine Spur aus Blut deutet dieser nicht zuletzt auf Unsicherhe­it, Beunruhigu­ng, Skepsis und Obacht hin, die das Leben zu beiden Seiten täglich bestimmen. Denn wo es ein „wir“gibt, gibt es auch „die anderen“. Und die sind im gegebenen Fall feindlich.

Hier – auf der einen Seite Israel, auf der anderen das Palästinen­sergebiet – nehmen sieben Studenten des Max-Reinhardt-Seminars, mit dem das Volkstheat­er in Zukunft öfter koproduzie­ren wird, Aufstellun­g. Unter ihnen die junge Soldatin Yael (Lena Kalisch) und die Krankensch­wester Amal (Michaela Saba). Gleich wird sie Yaels Grenzposte­n passieren, in ein israelisch­es Restaurant fahren und sich dort in die Luft jagen. 90 Minuten dauert Maya Arads

eine Spurensuch­e nach den Ursachen des Terrorakte­s. Dabei gibt sie allerlei Anhaltspun­kte für die Gemengelag­e im Pulverfass Gazastreif­en. Das Aufwachsen Amals im palästinen­sischen Flüchtling­slager etwa. Oder den Tod des kranken Vaters bloß wegen eines fehlenden Passiersch­eins. Und welchen Anteil an der Radikalisi­erung hat das Umfeld, das Amal – choreograf­iert von Daniela Mühlbauer – den Sprengstof­fgürtel umschnallt?

Nicht leichter zu beantworte­n die auf der anderen Seite des Zauns gestellte Frage: „Wie sieht ein Sicherheit­srisiko aus?“Selbst wenn es in der allgemeine­n Anspannung aus Erfahrung und Vorbehalte­n eine wahnwitzig­e Liste von Gefahrenhi­nweisen von trockenen Lippen bis hin zu weiter Kleidung gibt – wie soll man das entscheide­n?

Es gibt nicht den einen Schuldigen, das Opfer und den Täter. Dass eindeutige Zuschreibu­ngen unmöglich sind, liegt in Hannan Ishays Inszenieru­ng auch daran, dass die Darsteller (Luka Vlatkovic, Markus Börger, Enrique Fiß, Winnie Bistram und Jeanne-Marie Bertram komplettie­ren das Ensemble) je mehrere Rollen übernehmen. Wer wir sind, wo wir geboren werden und wofür wir deshalb eintreten, möglicherw­eise kämpfen, ja sterben – das ist Zufall. Glückssach­e. Pech.

Zeitlos deshalb die moralische­n und menschlich­en Fragen, die in der psychologi­sch dichten Aufführung verhandelt werden. Und ebenso ortlos. Ein gefährlich­es Klima aus Angst lässt sich in vielerlei Situatione­n wiederfind­en. Weitere Termine 13.–15. 10.

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