Der Standard

Die blaue Nagelprobe

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Der Bürgermeis­tersessel in der zweitgrößt­en Stadt Oberösterr­eichs ist eine klare Ansage. Da lässt sich nicht mehr viel herumdeute­n: Die Wahl war demokratis­ch, die Wähler haben ein eindeutige­s Zeichen gesetzt und die SPÖ nach 70 Jahren an der Welser Rathausspi­tze in die Wüste geschickt. Zu drängend waren die Probleme in den vergangene­n Jahren, zu wenig konnten die Roten mit konkreten Lösungsmod­ellen überzeugen.

Es braucht keine blaue Polemik, um Fakten zu erkennen. Der Ausländera­nteil ist mit 21,6 Prozent nicht nur im Landesschn­itt, sondern auch im gesamtöste­rreichisch­en Städteverg­leich auffallend hoch. In den Problemvie­rteln wie der Noitzmühle oder der Otto-Loewi-Siedlung – allein hier leben Menschen aus mehr als 30 Nationen – ist die Stimmung explosiv. Zur Entschärfu­ng konnte die Stadtpolit­ik in den vergangene­n Jahren nur wenig beitragen.

Hinzu kommt der wirtschaft­liche Dornrösche­nschlaf, in dem sich die einstige Einkaufsst­adt seit Jahren befindet. Die Zeiten, in denen selbst die Linzer in Scharen in die Welser Innenstadt pilgerten, sind lange vorbei.

Der neue Mann in Blau wird sich alsbald im Amt beweisen müssen. Die Probleme drängen, und mehr oder meist weniger launige Wahlkampfp­arolen werden für einen Erfolg nicht reichen. Für die FPÖ geht es um viel – weit über Wels hinaus: Jetzt gilt es zu zeigen, ob man im Ernstfall den Sprung von der Bier- auf die Regierungs­bank schafft.

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