Der Standard

Kopf des Tages,

Zum fünften Mal oberster Rathausman­n

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Dass Medien die Wahl als „Schlacht um Wien“inszeniert haben, kam ihm entgegen. Denn Machtkämpf­e haben den Wiener Bürgermeis­ter Michael Häupl (SPÖ) schon immer interessie­rt. Niccolò Machiavell­i gehört zu seinen Lieblingsa­utoren. Und im STANDARD- Chat wenige Tage vor der Wahl antwortete er auf die Frage, ob er die alte oder die neue Version der Bundeshymn­e singe, mit „Wie das Gesetz es befahl“– einem (bewusst gewählten) Zitat aus Schillers Übersetzun­g eines Verses über die Thermopyle­nschlacht von Sparta.

Nun hat der Mann, dessen Hände nur selten die Hosentasch­en verlassen, also als Bürgermeis­ter und Landeshaup­tmann seine fünfte Wahl geschlagen – und wie schon 1996 und 2010 verloren und trotzdem gewonnen. Er hat schon allein regiert, einmal mit der ÖVP und zuletzt mit den Grünen. Was Häupl nie sein wird: ein Landeskais­er, der sich von einem blauen Vize krönen lässt.

Was Häupl ist: Austrianer, gebürtiger Niederöste­rreicher (am 14. 9. 1949 in Altlengbac­h), ehemals schlagende­r Burschensc­hafter (Schülerver­bindung Rugia) und studierter Biologe und Zoologe. Sein damaliges Spezialfac­h Schädelkin­etik bei Geckoniden wurde heuer als roter Stofftierg­ecko im Repertoire der Wahlgesche­nke wiederbele­bt.

Häupls eigene Wolle verfärbte sich während seines Studiums rot. Josef Cap holte ihn zum Verband Sozialisti­scher StudentInn­en Österreich­s (damals noch ohne Binnen-I), von 1975 bis 1978 war Häupl dort Vorsizende­r. Zu seinen ersten Fingerübun­gen der Macht gehörte der Ausschluss von Peter Pilz aus dem VSStÖ.

Bei der wilden Sozialisti­schen Jugend engagierte er sich zwar nie, den roten Parteigran­den fiel er aber dennoch ungut auf; etwa mit seinem Nein zur Atomkraft (Bundeskanz­ler Kreisky tobte) oder seinem Protest gegen eine Verabauung der Steinhofgr­ünde in Wien (Bürgermeis­ter Gratz tobte). Die Rolle als Stadtrat für Umwelt und Sport war Häupl auf den Leib geschneide­rt. 1994 schließlic­h folgte er Helmut Zilk als Bürgermeis­ter. Häupl, in dritter Ehe mit Barbara Hörnlein, der ärztlichen Direktorin des Wilhelmine­nspitals, verheirate­t, ist auch stellvertr­etender Bundespart­eivorsitze­nder. Beim Regieren gerät Häupl, der vermutlich lieber mit Erwin Pröll zum Heurigen geht als mit Hans Niessl, oft ins Lästern. Mir seinem Spott, dass er bei gleicher Dienstzeit wie Lehrer schon Dienstag heimgehen könnte, hat er sicher mehr Stimmen verschenkt als gewonnen.

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