Gemeindebund: Abgabenbremse ist „Entmündigung“
Auch Länder gegen Schellings Forderung Geringere Beteiligungserlöse im Budget
Wien – Für Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer ist die von Finanzminister Hans Jörg Schelling vorgeschlagene Abgabenbremse in der Verfassung undenkbar. „Das wäre ein Anschlag auf die Gemeinden und eine Entmündigung“, sagte Mödlhammer im Gespräch mit dem STANDARD. „Ich schreibe dem Bund ja auch nicht vor, welche Abgaben er erhöhen soll.“Auch aus den Bundesländern kommt ein klares Nein. Niederösterreichs Finanzlandesrat Wolfgang Sobotka (ÖVP) bezeichnet den SchellingVorstoß als „Kuriosum“. Im SPÖgeführten Burgenland richtet man dem Minister aus, der Bund „sollte bei sich selbst anfangen“.
Keine allzu großen finanziellen Erwartungen setzt Schelling offenbar in die Beteiligungen des Bundes. Für Verbund, Öbib, Notenbank und andere werden 2016 nur 241 Millionen Euro veranschlagt, heuer waren es mit 495 Millionen Euro noch mehr als doppelt so viel. (red)
Wien – Abgesprochen war die Ansage des Finanzministers mit Ländern, Gemeinden und dem Koalitionspartner SPÖ nicht: In seiner ersten Budgetrede plädierte Hans Jörg Schelling am Mittwoch für die Einführung einer „Abgabenbremse“in der Verfassung. Diese solle für Bund, Länder und Gemeinden gelten. Explizit sprach sich Schelling im Interview mit dem STANDARD dafür aus, Gebühren maximal mit der Inflation anzuheben. Der Vorschlag gelte aber generell für Abgaben, worunter im Ministerium auch zahlreiche Steuern verstanden werden.
Was aber sagen die potenziell Betroffenen zu dem Vorschlag? Für Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer ist eine Abgabenbremse „undenkbar, das wäre ein Anschlag auf die Gemeinden und eine Entmündigung“. „Es gibt klare Rechte und Pflichten für die Gemeinden, die sind autonom zu behandeln.“Zusatz: „Ich schreibe dem Bund ja auch nicht vor, welche Abgaben er erhöhen soll.“
Mödlhammer verweist auch darauf, dass man in den Gesprächen über den neuen Finanzausgleich gerade diskutiere, ob Länder und Gemeinden mehr Steuerautono- mie bekommen sollen. Das sei ein „klassischer Widerspruch“. Die Mehrzahl der Kommunen gehe bei Abgaben und Gebühren ohnehin maßvoll vor – „und außerdem müssen sie sich vor den Gemeindebürgern auch verantworten“.
Ratschlag ein „Kuriosum“
Auch Niederösterreichs Finanzlandesrat Wolfgang Sobotka – wie Mödlhammer ein ÖVP-Parteikollege Schellings – hält nichts vom Vorschlag des Ministers. Er ist bereits wiederholt als SchellingKritiker aufgetreten und legte am Donnerstag nach: Die Vorgangsweise bei der Hypo-Bad-Bank Heta habe bereits „Köpfschütteln“an den Finanzmärkten ausgelöst. Zum aktuellen „Ratschlag aus der Zentrale“sagt er: „Bei allem Verständnis für die Nöte des Bundes – angesichts der aktuellen Situation ist dieser Vorschlag ein Kuriosum.“
Sobotka verweist auch darauf, dass der Bund für den Großteil der Staatsschulden verantwortlich sei. Ein Blick in die Statistik bestätigt: Die gesamtstaatliche Schuldenquote lag im Vorjahr bei 84,2 Prozent der Wirtschaftsleistung (BIP) – 73,8 Prozentpunkte davon entfallen auf den Bund, nur 6,2 auf die Länder und 3,9 Prozentpunkte auf die Gemeinden.
Auch in SPÖ-regierten Bundesländern gibt es Kritik. „Der Bund sollte bei sich selber anfangen“, heißt es im Büro von Burgenlands Finanzlandesrat Helmut Bieler. Wiens Finanzstadträtin Renate Brauner lässt ausrichten, man habe die Gebühren bereits vor Jahren an die Inflation gekoppelt.
Am Mittwoch hatte sich bereits SPÖ-Finanzsprecher Kai Jan Krainer irritiert bezüglich Schelling gezeigt. Vor allem, weil dieser die Abgabenbremse mit der bereits versprochenen Abschaffung der kalten Progression (die schleichende Steuererhöhung durch die Inflation, Anm.) verknüpft hatte.
Bei der Budgetdebatte im Nationalrat gab es Kritik der Opposition am Budget 2016. Dieses sei wohl „im Blindflug erstellt“worden, sagte FP-Mandatar Roman Haider. Grünen-Chefin Eva Glawischnig ortet eine Lücke von einer halben Milliarde im Bildungssystem. Neos-Chef Matthias Strolz bezeichnete Schelling als „prominentesten Häftling der Republik“, gefangen von den Fußfesseln, die ihm die Interessenvertreter anlegten. Robert Lugar (Team Stronach) glaubt bei der Steuerreform: „Das müssen wir mit Zins und Zinseszins zurückzahlen.“Steiermark S.12 Privatisierung S. 19, TV-Tagebuch S. 32
Kommentar der anderen Seite 33