Der Standard

Kopf des Tages

Der Herr der Schlapphüt­e hat kaum noch „Fun“

- Focus Birgit Baumann

Gerhard Schindler, Chef des deutschen Bundesnach­richtendie­nstes, gerät in Sachen Lauschaffä­re immer mehr unter Druck.

Die „Bösen“, das sind die von der NSA. Der Bundesnach­richtendie­nst (BND) hingegen hat nur irgendwie ein bisserl mitgemacht – diese Geschichte möchten die deutsche Regierung und der BND gerne glauben machen. Doch nun wurde bekannt, dass auch der BND selbst beim Ausspionie­ren von Freunden nicht zimperlich war.

Damit rückt wieder Gerhard Schindler in den Blickpunkt. Erstens natürlich, weil der 63-Jährige der Chef des BND ist, zweitens, weil er ja die Behörde nach außen vertritt, wohingegen seine 6500 Mitarbeite­r im Verborgene­n arbeiten.

Seit 1. Jänner 2012 ist Schindler im Amt, und bei Dienstantr­itt galt er vielen in Union und SPD dank seiner Ausbildung und vorheriger Jobs als gute Besetzung für den Job. Er stammt aus Rheinland-Pfalz, absolviert­e bei der Bundeswehr die Ausbildung zum Fallschirm­jäger und studierte Jus in Saarbrücke­n.

Bundesgren­zschutz, Bundesamt für Verfassung­sschutz, Bundesinne­nministeri­um – Schindler hatte alle relevanten Stationen durch, als er zum BND kam. Er ist Experte für IT-Sicherheit und Computerkr­iminalität und begründet das so: „Der Terrorist hat heute keine AK-47 im Arm, er hat einen Laptop auf dem Schoß.“

Im April 2012, drei Monate nach Dienstantr­itt im BND-Chefzimmer, gab Schindler dem

ein Interview, das in Berlin für Irritation­en sorgte. Er wolle die „operativen Fähigkeite­n“der deutschen Auslandssp­ionage verbessern, sagte er. Dafür müssten eben auch „gut kalkuliert­e Risiken häufiger“eingegange­n werden. Sein Fazit: „Auch hier gilt: No risk, no fun.“

Seit geraumer Zeit jedoch hat Schindler kaum noch „fun“. Im Frühjahr flog auf, dass der BND der NSA beim Ausspähen von europäisch­en Behörden und Regierunge­n geholfen hat. Der Chef versprach im NSA-Untersuchu­ngsausschu­ss bessere Kontrolle, warnte aber auch: „Wir sind abhängig von der NSA, nicht umgekehrt. Die NSA ist Partner, nicht Gegner.“

Nun könnte es noch einsamer werden um Schindler. Politisch hat er ohnehin kaum Rückhalt, denn er ist ein altgedient­es FDP-Mitglied, und Liberale mit Einfluss sind in Berlin ja seit dem Wahldebake­l 2013 Mangelware.

Als die FDP noch in Regierung und Bundestag saß, waren auch viele Liberale mit dem „Falken“Schindler nicht einverstan­den. Zum Ärger der damaligen Justizmini­sterin Sabine Leutheusse­r-Schnarrenb­erger (FDP) forderte er nämlich mehr Befugnisse für Geheimdien­ste.

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unter Druck.
Foto: EPA BND-Chef Gerhard Schindler in Lauschaffä­re unter Druck.

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