Asyl auf Zeit als „Mogelpackung“mit Spätfolgen
Mit einer weiteren Asylnovelle will die ÖVP die Flüchtlingszahlen mittelfristig verringern. Doch die Pläne für „Asyl auf Zeit“sind laut Experten und Grünen nicht durchdacht, was ihre Folgewirkungen angeht.
Der Plan der ÖVP, Asyl in Österreich künftig nur mehr „auf Zeit“– konkret: für vorerst drei Jahre – zu gewähren, werde „demnächst“finalisiert. Das kündigte Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) am Mittwoch nach dem Ministerrat an.
Tatsächlich liegt bisher aber nur ein Gesetzesrohentwurf vor – und beim Koalitionspartner SPÖ wartet man noch auf ein wichtiges Zusatzdokument. Es fehle die wirkungsorientierte Folgenabschätzung der gewünschten asylrechtlichen Neuerungen, erfuhr der Standard aus SPÖ-Kreisen.
Besagte wirkungsorientierte Folgenabschätzung soll den Entscheidungsträgern im Parlament darlegen, welche erwünschten Wirkungen eine Maßnahme hat und welche unerwünschten Nebenwirkungen sie haben könnte – sowie, wie teuer sie ist.
Besagtes Zusatzpapier werde heute, Freitag, fertig sein, sagt ein Sprecher von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP). Das Einverständnis der SPÖ vorausgesetzt, könnte die Novelle damit kommende Woche in Begutachtung gehen und noch 2015 beschlossen werden – zumal der Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt laut Insider-Informationen keine Einwände verfas- sungs- oder unionsrechtlicher Art haben soll.
Dass das geplante „Asyl auf Zeit“europarechtlich gedeckt ist, meint auch der Anwalt Georg Bürstmayr. Die zu erwartenden Folgewirkungen jedoch seien geeignet, „das Asylsystem in drei Jahren komplett lahmzulegen“, sagte er zum Standard. Und zwar sowohl im Fall, dass nach drei Jahren tatsächlich eine Reihe Asylgewährungen inhaltlich neu überprüft werde, also auch, wenn dies nicht geschehe.
Tatsächlich ist laut dem Gesetzesrohentwurf keineswegs zwingend vorgesehen, alle Asylgewäh- rungen nach drei Jahren neu aufzurollen. „Hier hat man sich eine Hintertür offen gelassen“, meint auch Grünen-Menschenrechtssprecherin Alev Korun.
Vielmehr soll das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) Jahr für Jahr Gutachten zur Lage in den Herkunftsstaaten erstellen. Ergibt sich aus diesen, dass im einem Land weiter Verfolgungsgefahr besteht, erhalten Flüchtlinge, die bereits drei Jahre Schutz hatten, eine unbefristete Aufenthaltsberechtigung.
Automatisch verlängert
Und zwar automatisch, ohne weiteren Verfahrensschritt. Bürstmayr: „Das heißt, dass die Behörde alle Inhaber von Drei-Jahres-Karten informieren müsse, dass sie unbefristet Schutz genießen: angesichts der vielen Asylgewährungen eine absolute Überlastung.“
Ergebe sich aus einem Ländergutachten hingegen, dass die Gefahr für Rückkehrer vorbei sei, könne ein Asylaberkennungsverfahren gestartet werden – mit, so Bürstmayr, noch mehr Aufwand. Denn das allgemein gehaltene Ländergutachten müsse dann mit den individuellen Verfolgungsgründen jedes Flüchtlings abgeglichen werden. Mit der Erschwernis, dass Fluchtgründe gar nicht im Asylbescheid, sondern nur im Akt stehen. „Die Behörde müsste dann tausende Akte ausheben – oder aber gar nicht prüfen“, meint Bürstmayr. In diesem Fall würde das „Asyl auf Zeit“zur „Mogelpackung“.