Der Standard

Berlin kürzt Leistungen und schiebt schneller ab

Merkel spricht von „historisch­er Bewährungs­probe“– Kritik aus CDU und CSU wird immer lauter

- Birgit Baumann aus Berlin

Der Bundestag hat am Donnerstag jenes „Asylpaket“auf den Weg gebracht, das Kanzlerin Angela Merkel erst vor wenigen Wochen angekündig­t hatte. Es enthält mehrere Maßnahmen, die Asylwerber­n den Aufenthalt in Deutschlan­d künftig er- schweren sollen. So wurden nach den ersten drei Balkanstaa­ten Mazedonien, Serbien und BosnienHer­zegowina nun auch Albanien, Kosovo und Montenegro zu sicheren Herkunftss­taaten erklärt.

Flüchtling­e aus diesen Ländern können somit schneller in ihre Heimat zurückgesc­hickt werden. Am heutigen Freitag muss noch der Bundesrat zustimmen. Dessen Ja jedoch gilt als gesichert, auch Länder mit Grünen in der Regierung wollen sich dem Kurs der Regierung anschließe­n.

Sie werden auch finanziell­e Kürzungen für Asylwerber beschließe­n. Diese sollen künftig bis zu sechs (statt bis zu drei) Monate in Erstaufnah­meeinricht­ungen wohnen und dort vor allem Sachleistu­ngen bekommen. Geld wird nur noch maximal einen Monat im Voraus ausbezahlt. Abgelehnte Asylbewerb­er, die ausreisen müssen, dies aber nicht tun, bekommen nur noch eingeschrä­nkte Leistungen.

Anderersei­ts sollen künftig auch Asylbewerb­er und Geduldete mit guter Bleibepers­pektive Integratio­nskurse besuchen können. Nach drei Monaten dürfen Asylbewerb­er und Geduldete als Leiharbeit­er eingesetzt werden, wenn sie Fachkräfte sind. Die Mittel für die internatio­nale Flüchtling­shilfe werden 2016 um 400 Millionen Euro aufgestock­t.

„Abschottun­g ist Illusion“

In ihrer Rede machte Merkel erneut deutlich, bei ihrem Kurs bleiben zu wollen, und erklärte: Es ist nicht übertriebe­n, diese Aufgabe als eine historisch­e Bewährungs­probe Europas zu bezeichnen.“Sie betonte zudem in Richtung ihrer Kritiker: „Abschottun­g im 21. Jahrhunder­t des Internets ist auch eine Illusion.“

Doch die Kritik reißt nicht ab. Laut Bild- Zeitung entwickelt sich jener Brief, in dem in der Vorwoche 34 CDU-Abgeordnet­e Merkels Kurs scharf kritisiert hatten, immer mehr zum „Kettenbrie­f“. Er sei nun schon von mehr als 120 CDU-Politikern unterzeich­net worden. In einer Forsa-Umfrage für den Stern und RTL rutschte die Union auf 38 Prozent, das ist der niedrigste Wert in diesem Jahr.

Viel Kritik kam am Donnerstag auch wieder aus München, wo Ministerpr­äsident Horst Seehofer (CSU) ebenfalls eine Regierungs­erklärung hielt: „Es gilt keine Ordnung, es gilt kein Vertrag und kein Gesetz.“Ohne Begrenzung der Zuwanderun­g werde Deutschlan­d „grandios scheitern“.

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