„Nach Graz gehe ich dir locker zu Fuß“
Bunabass Ceesay floh mit 14 aus Westafrika, jetzt spielt er Fußball beim WAC
Wenn Sissy an seinem Ring dreht, lächelt er. Eigentlich heißt Sissy Bunabass Ceesay. Der junge Gambier sitzt in der LavanttalArena in Wolfsberg und redet am liebsten über Fußball. Der Sport ist die einzige Konstante, die sich durch sein Leben zieht: „Ich denke den ganzen Tag an nichts anderes, ich will es schaffen.“
Als 14-Jähriger musste Ceesay Gambia verlassen. Sein Vater war vier Jahre zuvor bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Er kam ins Visier von Erbstreitigkeiten, musste plötzlich Angst um sein Leben haben. „Ich habe in der Nacht meine Sachen gepackt und bin zu Fuß los. Es gab keinen anderen Ausweg“, sagt Ceesay. Seine Mutter habe er zurückgelassen, Kontakt gibt es seither keinen mehr. Einziges Erinnerungsstück ist der Ring an Ceesays Finger.
Sein Weg führte den Buben großteils zu Fuß und mit einem Schlauchboot über die Türkei nach Griechenland. Dort lebte er auf der Straße, hatte oft nichts zu essen. Über Ungarn und Traiskirchen kam Ceesay ins Toskana-Haus für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge bei Graz.
Die Füße standen wieder im Mittelpunkt: „Ich habe mit den anderen gekickt und mich erkundigt, bei welchem Verein man in Graz am besten anfängt zu spielen.“Diese Gretchenfrage des Grazer Fußballs führte ihn zum unterklassigen GAK. Man zeigte sich begeistert: „Er hat uns überzeugt. Seine Schnelligkeit ist herausragend“, sagt Heinz Lienhart, ehemaliger GAK-Profi. Der 36-Jährige kümmert sich auch privat um den jungen Flüchtling, geht mit ihm einkaufen, kocht und steht ihm bei rechtlichen Fragen bei. Neben dem Fußballspielen besuchte Ceesay eine polytechnische Schule in Graz. Bunabass Ceesay aus Gambia
16. Teil
Wenn Ceesay über Fußball spricht, glänzen seine Augen. Vorbild? Klar, Lionel Messi. Zukunftspläne? „Ich möchte bei Real Madrid spielen, viel Geld verdienen und anderen jungen Flüchtlingen helfen.“Aber vor Madrid ist da noch Wolfsberg: Nach zwei guten Saisonen beim GAK, der mit Mannschaft, Trainer und Fans „eine Familie“für Ceesay geworden sei, kam er auf Leihbasis zum Kärntner Bundesligaverein WAC. Dort soll er über die zweite Mannschaft weiter in Richtung Profi gehen.
Ceesay lebt jetzt in Wolfsberg. Die Distanz zu Graz und seinem Leben in den vergangenen Jahren sei kein Problem: „Wie weit ist das? Das geh ich dir locker zu Fuß“, sagt er und dreht lächelnd an seinem Ring.