Der Standard

Auch BND spionierte Freunde aus

Ruf nach Reform des deutschen Auslandsge­heimdienst­es

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Berlin – „Ausspähen unter Freunden, das geht gar nicht!“Ihren zum geflügelte­n Wort gewordenen Satz aus dem Jahr 2013 würde die deutsche Bundeskanz­lerin Angela Merkel heute so wohl nicht wiederhole­n – oder zumindest adaptieren. Denn Ausspähen unter Freunden, das ist offenbar auch in Deutschlan­d möglich.

Mehrere deutsche Medien berichten, der BND habe in anderen EU-Staaten nicht nur auf Bitten der NSA gespäht, sondern auch mit eigenen Spähbegrif­fen. Der Vorgang war am Mittwochab­end im Parlamenta­rischen Kontrollgr­emium (PKG), das über die Aufsicht der Geheimdien­ste zuständig ist, Thema. An der Sitzung nahm auch BND-Chef Gerhard Schindler teil, der vor einigen Monaten schon wegen der Hilfsdiens­te für die USA schwer unter Druck geraten war.

Der Sender RBB Inforadio berichtete, der BND habe möglicherw­eise bis zum Herbst 2013 unzulässig­e Suchbegrif­fe verwendet. Nach Informatio­nen von Spiegel Online soll der BND Botschafte­n sowie andere Behörden von EULändern und weiteren Partnersta­aten ausgespäht haben. Darunter seien auch französisc­he und US-amerikanis­che Ziele gewesen. „Die Frage, die im Raum steht, ist, ob die verwendete­n Suchbegrif­fe auch vom Auftragspr­ofil des BND gedeckt waren“, sagt der stellvertr­etende Vorsit- zende des NSA-Untersuchu­ngsausschu­sses im Bundestag, Clemens Binninger (CDU). Zum Auftragspr­ofil des BND gehört zwar ein Land wie Afghanista­n, EULänder und die USA aber zählen nicht dazu.

Taskforce in Pullach

Die Abgeordnet­en wollen nun eine Taskforce einsetzen. Diese soll Mitarbeite­r in Pullach und Berlin befragen, Akten durchforst­en und sich die Selektoren vorlegen lassen. So soll klar werden, wer entschiede­n hat, welche Suchbegrif­fe zu verwenden.

Der deutsche Justizmini­ster Heiko Maas (SPD) fordert strengere Regeln bei der Fernmeldea­ufklärung und erklärt in der Rheinische­n Post: „Wir müssen sicherstel­len, dass diese Regeln auch durchgeset­zt werden.“Das Parlament müsse mehr Befugnisse und „die ausreichen­den Mittel“für die Kontrolle des BND erhalten. „Rechtsstaa­t und Grundrecht­e enden nicht an Deutschlan­ds Grenzen“, so Maas.

Der Grünen-Geheimdien­stexperte Hans-Christian Ströbele kritisiert, dass das Kanzleramt den BND nicht im Griff habe. Zu Merkels Satz vom Ausspähen sagte er: „Während sie diesen Satz gesagt hat, müssen sich die Damen und Herren beim BND ja auf die Schenkel geklopft und gefragt haben: Was erzählt die denn da?“(bau)

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