Zwischen Machtkämpfen und eindringlichen Bitten
Obwohl Erwin Pröll von der ÖVP-Spitze noch gebeten werden will, als Bundespräsident zu kandidieren, ist um seine Nachfolge in Niederösterreich schon ein Machtkampf ausgebrochen. Ein Antreten von Irmgard Griss würde dem schwarzen Hofburg-Anwärter zusetzen
Wien – Es rumort in der Volkspartei. Bei den Beamten des Innenministeriums verfestigt sich das Gerücht, dass ihnen die Chefin abhandenkommt, und zwar noch heuer – sobald die ÖVP die Kandidatur von Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll für die Bundespräsidentschaftswahl bekanntgeben würde. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner soll in diesem Fall par force seine Nachfolge antreten wollen, hat allerdings noch einen Konkurrenten auszustechen: den niederösterreichischen Landesrat Stephan Pernkopf, dem ebenso große Ambitionen nachgesagt werden.
Vorerst ist der Kampf um den Landesposten ein Machtstreit der Bünde. Denn die ungeschriebene schwarze Erbfolge sieht vor, dass auf einen Bauernbündler (Pröll), jemand vom Arbeitnehmerbund folgt (dessen Obfrau Mikl-Leitner ist). Pernkopf genießt in seiner Heimat allerdings große Beliebtheit und wäre vor Ort der bevorzugte Kandidat.
Unbeliebter Job
Entscheidet Mikl-Leitner das Rennen für sich, zieht die Rochade aber noch viel weitere Kreise: Schließlich wäre dann nicht weniger als die Spitze des Innenministeriums neu zu besetzen.
Nach STANDARD- Informationen sind dafür mehrere Personen im Gespräch: Diskutiert wurde über Justizminister Wolfgang Brandstetter. Der sei vielen aber „zu liberal“und habe in der Flüchtlingsfrage „genauso wenig Plan“, heißt es in ÖVP-Kreisen. Realistischer wäre also ein Wechsel Pernkopfs oder Wolfgang Sobotkas – der aktuelle Pröll-Stellvertreter – nach Wien. Fest steht: Durch die unsichere Flüchtlingssituation ist der Job ziemlich unbeliebt.
Via erklärte Pröll jedenfalls, dass er der ÖVP als „staatstragende Partei“rate, „einen eigenen Kandidaten für das Bundespräsidentenamt aufzustellen“– das verstanden viele in der ÖVP als Inserat in eigener Sache. Ob Pröll antritt, ist noch offen. Offenbar möchte er von seiner Partei darum gebeten werden. Parteichef Reinhold Mitterlehner würde eine Kandidatur von Pröll zwar umstandslos akzeptieren, möchte diesen aber nicht darum bitten.
Wenig Chancen auf einen Zusammenschluss der Zivilgesellschaft für ihre Kandidatur räumt der Politologe Peter Filzmaier der früheren Präsidentin des Obersten Gerichtshofes, Irmgard Griss, ein, die sich selbst erneut ins Spiel für die Hofburg gebracht hat – wenn von dieser Seite ein entsprechendes Engagement komme.
Der Experte meint, die vielen Personen, die Griss angeblich gern unterstützen würden, ergeben noch keine geschlossene Gruppe, und: Dafür brauche es „drei Dinge, und zwar Medienpräsenz, eine Organisationsstruktur und Geld – etwa im siebenstelligen Bereich“. Auch wenn Griss beim ersten Kriterium sehr stark sei, „nur ein gutes Image reicht nicht“. In Österreich gebe es keine Spendenkultur der Zivilgesellschaft für Kandidaten wie in den USA, wohl aber werfen sich hierzulande von den Parteien organisierte Komitees mit Promis für ihre Amtsanwärter recht bald in die Schlacht.
Ein großes Wählerpotenzial bei tatsächlichem Antreten attestiert Filzmaier Griss aber schon, denn: „Sie würde alle Politikenttäuschten ansprechen – und das sind verdammt viele.“Obwohl die Leiterin der Hypo-U-Kommission nur einen Bericht zur Desasterbank und eine gute Präsentation hingelegt habe, so der Politologe. „Das ist absurd – und eine Ohrfeige für die etablierte Politik.“Zusetzen würde eine Kandidatur der früheren Richterin freilich eher „dem ÖVP- als dem SPÖ-Kandidaten“.
Am Donnerstag erklärte der Kärntner Landesrat Gerhard Köfer vom Team Stronach, dass seine Landestruppe Griss’ Ansinnen unterstütze. Auch die Neos beraten darüber. Die FPÖ würde sie schon länger gern als unabhängige Kandidatin sehen. Griss selbst hat übrigens nichts mehr dagegen, wenn sich auch Parteien für sie starkmachen. (mika, nw, völ)