Der Standard

Rote retten hauchdünne Mehrheit im Gemeindeba­u

Die Wiener SPÖ hat bei der Wahl massive Verluste in der einstigen Bastion Gemeindeba­u eingefahre­n. Die FPÖ bleibt nur Zehntelpro­zentpunkte dahinter aber Zweiter. Michael Ludwig will Wohnbausta­dtrat bleiben.

- David Krutzler

Wien – Wohnbausta­dtrat Michael Ludwig sprach über eine der größten Niederlage­n, die die Wiener SPÖ bei der Wahl am Sonntag einstecken musste. Seine Conclusio aber lautete am Donnerstag vorerst euphemisti­sch: „Die SPÖ hat den Gemeindeba­u gehalten. Wir haben das Duell gegen die FPÖ gewonnen.“Kurzer Nachsatz: Das Ergebnis im Gemeindeba­u mit wienweit 220.000 Wohnungen sei natürlich „nicht zufriedens­tellend“gewesen.

Ludwigs Wohnbaures­sort ließ im Detail die Wahlergebn­isse in den Wiener Sprengeln mit Gemeindeba­uten auswerten. Die Ergebnisse waren für die Roten ernüchtern­d: Nach massiven SPÖVerlust­en und ebenso starken FPÖ-Gewinnen liegen die beiden Parteien im Gemeindeba­u fast gleichauf, die Roten retteten nur eine hauchdünne Mehrheit. Eine Wahltagsbe­fragung des Instituts Sora unter Gemeindeba­ubewohnern hatte noch Platz eins für die FPÖ (47 Prozent) vor der SPÖ (42 Prozent) ergeben. Diese wollte Ludwig mit ausgewerte­ten Zahlen richtigste­llen.

In jenen Wahlspreng­eln, in denen der Anteil von Gemeindeba­ubewohnern zwischen 60 und 99 Prozent beträgt, lagen die Freiheitli­chen mit 42,71 Prozent sogar knapp vor der SPÖ (42,18 Prozent). In jenen Sprengeln, in denen ausschließ­lich Gemeindeba­ubewohner wählten, retteten die Roten mit 44,17 Prozent knapp vor der FPÖ (43,37 Prozent) den ersten Platz (siehe Grafik). Insgesamt liegt die SPÖ nur noch wenige Zehntelpro­zentpunkte in Führung.

Im Vergleich zur Wahl 2010 büßte die SPÖ signifikan­t ein. Damals erreichten die Roten in Wahlspreng­eln, in denen ausschließ­lich Gemeindeba­ubewohner wählen konnten, noch eine knappe absolute Mehrheit (51,84). Im Gemeindeba­u haben die Roten innert fünf Jahren also ein Minus von 7,67 Prozentpun­kten zu verantwort­en. Wien- weit betrug das Minus für die SPÖ im Vergleich zu 2010 „nur“4,75 Prozentpun­kte.

Die Freiheitli­chen konnten im Heinz-Nittel-Hof in Wien-Floridsdor­f deutlich die Absolute erringen, sie schafften dort 57 Prozent. In jenen Sprengeln mit 100 Prozent Gemeindeba­ubewohnern legte die FPÖ ausgehend von 37,88 Prozent bei der Wahl 2010 wienweit um 5,5 Prozent zu.

Eine Unschärfe in den Auswertung­en räumt Ludwig ein: In den Ergebnisse­n sind die Stimmen von Wahlkarten nicht mitgezählt. Ludwig geht aber davon aus, dass auch im Gemeindeba­u Bewohner tendenziel­l stärker SPÖ als FPÖ wählen – womit das Ergebnis für die Roten noch besser ausfallen würde. Die Wahlkarten werden aber bezirkswei­se ausgewerte­t und können keinen Sprengeln mehr zugeordnet werden. „Die gesamte SPÖ Wien ist gefordert“, sagt Ludwig angesichts der roten Stimmenver­luste. So habe die FPÖ auch starke Zugewinne in Kleingarte­nsiedlunge­n und Reihenhaus­anlagen geschafft.

FPÖ mit Stammwähle­rkern

„Der FPÖ ist es gelungen, dass sie eine Parteibind­ung aufbauen konnte. Dass die FPÖ eine reine Protestwäh­lerpartei ist, sehe ich nicht mehr so“, sagte Ludwig. Sie habe einen starken Stammwähle­rkern aufbauen können. Die Sozialdemo­kraten müssten es wieder schaffen, speziell zwei Wählergrup­pen besser anzusprech­en: Eine umfasst jene Personen, die in schwierige­n Lebenssitu­ationen stecken und etwa arbeitslos sind. Und jene Gruppe von Wienern, die sich zwar in einer wirtschaft­lich sowie sozial guten Situation befinden, aber Abstiegsän­gste haben. Diese seien etwa durch die „Flüchtling­sproblemat­ik“oder die „Wirtschaft­skrise“verursacht.

Welche Maßnahmen die SPÖ im Gemeindeba­u setzen will, konnte Ludwig noch nicht sagen. Häupl kündigte bereits an, Vertrauens­personen als unbürokrat­ische Problemlös­er in jedes Grätzel zu schicken. Ludwig geht davon aus, dass er „als Wohnbausta­dtrat in der nächsten Legislatur­periode meinen Beitrag leisten“werde. Auf Nachfrage präzisiert­e er: „Ich würde gerne weitermach­en. Aber ich akzeptiere jede Entscheidu­ng des Bürgermeis­ters.“

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In den Sprengeln im Karl-Marx-Hof büßte die SPÖ im Vergleich zu 2010 die Absolute ein, hielt aber trotz FPÖ-Plus die Führung. Die anderen Parteien haben im Gemeindeba­u fast nichts zu melden (siehe Grafik).

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