Die Raubkatze lässt das Sausen
Wer kultivierte Gangart schätzt und sich von BMW-Mercedes-Audi abgrenzen will, findet den Jaguar XE
Salzkammergut – Einem Jaguar nähert man sich mit Scheu. Prinzipiell. Verhofft im Schritt auf den letzten Metern wie mit leicht angezogener Handbremse. Nicht, dass man Angst hätte vor den PS und einem möglichen Geschwindigkeitsrausch. Es ist die Aura von Noblesse, die um das Auto schwebt, Respekt einfordert und eine Überprüfung empfiehlt, ob man selbst genüg Würde, Haltung und gutes Aussehen besitzt, um sich ihm anzutun.
Selbst der XE, der neue und kleinste Jaguar, trägt einen Maßanzug über der AluminiumFrame-Statur, wo jede Falte akkurat sitzt und die Schultern perfekt modelliert sind, ohne in irgend- einer Weise steif zu wirken. Vorn, zwischen den arrogant zu angriffslustigen Schlitzen verengten Scheinwerfern öffnet sich der Schlund des Kühlers und präsentiert das Raubtierlogo wie ein Siegel für luxuriöse Sportlichkeit.
Ganz anders als bei seinen bürgerlichen Artverwandten wie 3er-BMW, Mercedes C-Klasse und Audi A4, denen wohl ebenso Respekt gebührt, aber in die man einfach einsteigt, verfügt man sich in den Jaguar, faltet die Hände um das Ledervolant und betrachtet aus der Höhle des Fahrerplatzes, wie sich der Automatikstempel aus der Mittelkonsole hebt.
Ganz will der Sound des Motors zu dem Schauspiel vor der Holzund Lederkulisse nicht passen. Oder bildet man sich das nur ein? Hat man doch das „R“-Symbol am seitlichen Lufteinlass bemerkt und die Niederquerschnittreifen auf mächtigen Felgen.
Ups, sind ja auch „nur“180 PS. Noch dazu in Diesel gehalten, was zwar einen hübschen Antritt aus dem Drehzahlkeller erlaubt, aber kein Jagen auf hohem Niveau. Natürlich reicht die Kraft für alle Lebenslagen, sie wird diskret von der 8-Stufen-Wandlerautomatik aus dem Hause ZF verwaltet und von Fahrwerk und Lenkung delikat auf die Straße gebracht, aber man schaut sicher schneller aus, als man sein kann.
Rasant oder genügsam
Wer den XE rasant bewegen will, kauft sich den 3,0-V6-Kompressor mit 340 PS, der Testwagen kam mit dem genügsamen Diesel aus. War aber sonst mit allem reich beschenkt, was die Extralisten bei der britischen Traditionsmarke vorrätig haben.
Mit Head-up-Display (HUD), dem Navi auf großem Screen, der Automatik, tollem Hi-Fi-Sound und hundert Sensoren kletterte der Preis von 37.000 Basis gleich einmal auf stolze 60.930 Euro. Während der eine für sein adeliges Auftreten äußerst günstig erscheint, ist die Vollausstattung dann doch ein wenig happig. Noch dazu, wo der Tempomat ohne Radarabstandsregelung auskommen musste. Aber das sieht man von außen ja nicht. Und der sportliche Jaguar fällt halt doch mehr ins Auge als ein X-beliebiger Deutscher.