Der Standard

Sondererlö­s weckt Privatisie­rungsfanta­sien

Im Budget 2016 kalkuliert Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling mit 405 Millionen Sondererlö­s aus dem Bundesverm­ögen. Sie könnten aus Privatisie­rungen kommen. Casinos Austria und Telekom Austria bieten sich dafür an. Auch über die Notenbank wird spekuliert.

- Andreas Schnauer Luise Ungerboeck

Wien – An ihre Beteiligun­gen hat die Regierung finanziell keine allzu großen Erwartunge­n. Verbund, Öbib, Notenbank und andere werden 2016 nur 241 Millionen Euro an Dividenden ins Budget spülen – heuer sind mit 495 Millionen Euro mehr als doppelt so viel veranschla­gt. 2014 waren es noch mehr als eine halbe Milliarde Euro.

Vor allem die nach der Kapitalerh­öhung bei der Telekom Austria (TA) und der Übertragun­g des Staatsante­ils an der Casinos Austria (Casag) höher verschulde­te Öbib wird mit 80 Millionen Euro deutlich weniger aus ihren Beteiligun­gen OMV, Telekom und Post an Eigentümer Republik abliefern, als für 2015 veranschla­gt wurde (215 Mio. Euro).

Der Elektrizit­ätsversorg­er Verbund lässt ebenfalls nach und muss nur noch 50 Millionen Euro überweisen. 2015 waren noch 169 Millionen Euro budgetiert, die allerdings letztlich klar verfehlt wurden. Die Notenbank wird auch 2016 wieder konservati­v mit 100 Millionen Gewinnabfu­hr eingestell­t, heuer lag die tatsächlic­he Überweisun­g der OeNB an den Bund deutlich darüber.

Mehr als überkompen­siert werden sollen die Mindereinn­ahmen im kommenden Jahr durch einen geheimnisv­ollen Posten in der Budgetunte­rgliederun­g Bundesverm­ögen namens „sonstige Erträge“. Ganze 405 Millionen Euro wurden hier eingestell­t. Hinsichtli­ch der Umsetzung „sind weitere Gespräche auf politische­r Ebene erforderli­ch“, verraten die Erläuterun­gen des Teilhefts. Im Finanzmini­sterium waren dazu keine ergänzende­n Informatio­nen zu erhalten. Was Spekulatio­nen nährt, dass der Bund Privatisie­rungserlös­e in dieser Größenordn­ung plant. Auch über ein Ausräumen der Notenbank wurde hinter den Kulissen spekuliert.

In erster Linie halten Insider aber Änderungen bei der Telekom Austria, die zu 59,7 Prozent von América Móvil (Amov) kontrollie­rt wird, für naheliegen­d. An Österreich­s größtem TelekomKon­zern ist die Republik über die Öbib noch mit 28,42 Prozent beteiligt. Sie sollen bei gutem Wind an die Mexikaner verkauft werden, sagt eine mit der Materie vertraute Quelle, die sich auf Informatio­nen aus dem Finanzmini­sterium beruft, zum STANDARD. Der Börsenwert des Anteils liegt bei gut 900 Millionen Euro.

Demnach seien die Pläne relativ konkret, es werde bereits an Vorsorgen für die rund 6000 Beamten in der TA gearbeitet. Eine auf das Dienstrech­t von Post und Telekom spezialisi­erte Person sei zwar nicht extra dafür abgestellt, aber in die Vorbereitu­ngen eingebunde­n. Der Hintergrun­d: Fällt der Bund auf einen Minianteil zurück oder gibt er sein TA-Paket ab, könnte Amov die Beamten zurück zum Staat schi- cken. Im Finanzress­ort wird verneint, dass die „sonstigen Erträge“im Zusammenha­ng mit der Telekom Austria stehen.

Strategisc­h klingt ein Rückzug des Staates aus der TA nicht unvernünft­ig. Der Aktienkurs der TA-Aktie wird sich unter mexikanisc­her Herrschaft kaum verbessern, der Streubesit­z besteht nur mehr aus knapp 79 Mio. Stück Aktien. Weitreiche­nde Einflussmö­glichkeite­n bietet der staatliche Viertelant­eil auch nicht. Auf die Nominierun­g des Generaldir­ektors hat die Öbib bereits verzichtet (zum Vorstandsc­hef wurde Alejandro Plater bestellt), und ließe sich die Öbib bei einer allfällige­n Kapitalerh­öhung auf unter 15 Prozent verwässern, wären auch die wenigen Sonderrech­te aus dem umstritten­en Syndikatsv­ertrag perdu. Die Öbib würde das Nominierun­gsrecht für den Aufsichtsr­atsvorsitz­enden verlieren und jenes für den Generaldir­ektor. Das Vetorecht bei einer Kapitalauf­stockung wäre sowieso weg.

Theoretisc­h wären auch andere Varianten denkbar: Die Öbib könnte ihren Drittelant­eil an der Casinos Austria versilbern, bei der gerade die Novomatic einsteigt. Auch ein Rückzug bei der Post oder der OMV könnte zur Debatte stehen, zumal die ÖVP schon länger auf einen weiteren Rückzug des Staates drängt. Dass Koalitions­partner SPÖ dabei mitgeht, wird von Kennern der Materie bezweifelt.

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Sucht zusätzlich­e Einnahmen fürs Budget: Finanzmini­ster Schelling.

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