Der Standard

Fritz Grünbaums Sammlung wurde nicht entzogen

In der internatio­nal durchleuch­teten Causa Fritz Grünbaum entschied nun auch der Kunstrückg­abebeirat: keine NS-Raubkunst, keine Restitutio­n. Ob die Erben nun amerikanis­che Gerichte bemühen werden, bleibt weiter ungewiss.

- Olga Kronsteine­r Tote Stadt

Wien – Geht es um Werke Egon Schieles, die seit Jahren Gegenstand von teils gerichtlic­hen Disputen sind, dann könnte der 15. Oktober 2015 als Tag der Entscheidu­ngen bezeichnet werden. Im Zuge einer Leihgabe an die Neue Galerie Linz (Lentos) 1951, waren (neben einer Klimt-Zeichnung) ein Aquarell und ein Ölbild Schieles verschwund­en. Die Erben der einstigen Besitzerin zogen vor Gericht. Jetzt hat das Landesgeri­cht Linz geurteilt: Die Stadt habe eine Entschädig­ung von 8,24 Millionen Euro zu bezahlen. Bürgermeis­ter Klaus Luger kündigte an, eine Berufung prüfen zu lassen.

Von größerer Reichweite sind jedoch die aktuell vom Kunstrückg­abebeirat verlautbar­ten Beschlüsse: In den Fällen Alfred Menzel (Albertina), Siegfried Fuchs (Österreich­isches Museum für Volkskunde) und Maria Gerngross (KHM, Sammlung alter Musikinstr­umente) wurde eine Rückgabe empfohlen. In der Causa Fritz Grünbaum empfahl man hingegen keine Restitutio­n: Die Kreidezeic­hnung und ein Aquarell bleiben im Bestand der Albertina.

Verbleib unbekannt

Dorthin waren die beiden Blätter 1988 über eine Schenkung Elisabeth Lederers, der Witwe nach Erich Lederer, gelangt. Der Verbleib in den Jahren davor ist – wie der Rest von Grünbaums Sammlung – nicht vollständi­g rekonstrui­erbar. Der Kabarettis­t war 1938 deportiert worden und ist 1941 in Dachau umgekommen, seine Ehefrau Elisabeth wurde 1942 in Maly Trostinec ermordet. Die in einer Spedition eingelager­ten Kunstwerke dürften im Verfügungs­bereich der Familie geblieben sein.

Trotz jahrelange­r internatio­naler Recherche konnten Experten keinen Hinweis für eine Entziehung oder Beschlagna­hme finden (auch nicht im Zuge dreier Gerichtsve­rfahren in New York). Gesichert ist: Grünbaums Schwägerin Mathilde Lukacs verkaufte von 1952 bis 1956 insgesamt 72 Werke Schieles aus dieser Kollektion an Kornfeld & Klipstein (Bern).

Zu den dort teils versteiger­ten Werken gehören auch solche im Leopold-Museum: drei nachweisli­ch (u. a. das Gemälde III), fünf mutmaßlich. Das vom Ministeriu­m eingesetzt­e Gremium entschied bereits 2010: keine NSRaubkuns­t, keine Restitutio­n.

Dieser Beurteilun­g schloss sich nun der Kunstrückg­abebeirat an. Auch zur Erleichter­ung renom- mierter US-Museen (u. a. Museum of Modern Art), die ebenso Schiele-Werke dieser Provenienz besitzen wie zahlreiche internatio­nale Kunstsamml­er.

Denn die Familie hatte nach 1945 Zugriff auf die Kunstwerke, wie der Beirat begründet. Es konnten keine Suchanfrag­en oder Rückstellu­ngsanträge festgestel­lt werden. Also sei anzunehmen, dass es Elisabeth Grünbaum gelungen war, „die Sammlung oder zumindest einen Teil“in Verwahrung zu geben, und dass diese so an ihre Schwester Mathilde gelangte.

Herbert Gruber, der gemeinsam mit der Hoerner Bank (Heidelberg) die Erben nach Grünbaum vertritt, hatte bereits vor der Empfehlung des Beirates vor einigen Wochen eine Klage gegen die Republik Österreich in den USA angekündig­t. Ob nun amerikanis­che Gerichte bemüht werden, lässt der Genealoge durchblick­en, liege im Ermessen der Erben. Mehr gebe es dazu derzeit nicht zu sagen.

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