Meister der kleinen Form
Bitte vor der Lesung aufs Klo gehen, danke. Max Goldt liest in Braunau und Wien aus seinen Kolumnen und Glossen. Das müsste als Empfehlung eigentlich reichen.
Braunau/Wien – In seinem Buch Wenn man einen weißen Anzug anhat beschreibt Max Goldt, wie ein Mann während einer seiner Lesungen auf einer Kärntner Almhütte in der ersten Reihe sitzend im hohen Bogen urinierte. Die diese Woche stattfindenden Auftritte in Braunau und Wien versprechen wohl ein gesitteteres Publikum, wenn Goldt neue und alte Texte vorlesen wird.
Denn zum Vorlesen sind sie da, die witzigen und skurrilen Glossen und Kolumnen des in Berlin lebenden Autors und ehemaligen Musikers der deutschen Band Foyer des Arts.
Thematisch zerlegt der 56-Jährige dabei oft Alltägliches, scheinbar Nebensächliches, dem der begnadete Stilist in elegantem Plauderton die absurd-komischen und grotesken Seiten aufzuzeigen weiß.
Goldt steht in einer literarischen Tradition großer Feuilletonisten des frühen 20. Jahrhunderts wie Alfred Polgar, Peter Altenberg oder Kurt Tucholsky – dabei findet er immer seinen eigenen Tonfall.
Was den Meister der kleinen Form auszeichnet, ist sein Hang zum Spiel mit der Mehrdeutigkeit von Worten. Neben Musik und Kurzprosa macht der vielseitige Humorist mit Lizenz zur Nachdenklichkeit immer wieder Fotos. Ursprünglich war da einmal eine Ausbildung geplant gewesen. Dazu kommen Hörbücher und – gemeinsam mit Stephan Katz – als Katz + Goldt Comics.
In Letzteren frönt er seinem alten Faible für Kalau- er und Albernheiten. Zuletzt hat der Dichter mit dem Schriftsetzer und Druckereibetreiber Martin Z. Schröder zusammengearbeitet. Im feinen Zusammenspiel von Text und Grafik, Chefinnen in bodenlangen Jeansröcken (Rowohlt, 2014), kann man auch den Titel der aktuellen Lesetournee finden.
Dort heißt es einmal: „Energie sparen. Wasser sparen. Sogar Geld sparen! Demnächst wahrscheinlich auch noch Luft sparen! Kunst und Liebe bleiben ei- nem auch oft erspart“. Und nach einem kleinen Absatz findet sich die Formulierung „Schade um die schöne Verschwendung“.
Dieser Satz bildet das Motto der drei Leseabende, die Sie sich aber sicher nicht ersparen sollten. Max Goldt: 16. 10. Braunau, Gugg, 07722/656 92, 20.00 17. und 18. 10. Wien, Rabenhof Theater, 20.00